Der 8. Jahrgang der "Techn. Mitteilungen für Malerei" von 1891 brachte einige Aufsätze über das "Durchwachsen des Bolusgrundes". Es war darin richtig nachgewiesen, dass ein chomischer Prozess des Verdrängens von Bolus unmöglich sei, sondern vielmehr der Grund darin zu suchen ist, dass die über den Bolusgrund gemalten Farben durch mechanische oder physische Einwirkung geschwunden wären. Ersteres durch Reibungen, letzteres durch Verdunsten und eintrocknen der Lasuren. Beides ist ebenfalls nicht zu leugnen, jedoch möchte ich noch einen weit einleuchtendern Grund hier erörtern, den ich in der Zeit seit Veröffentlichung jener erprobt habe. Es ist dies ein optisches Vordringen des Bolus.,Die Maler nämlich, die auf Bolusgrund gemalt haben, benutzten sehr oft die rote Farbe desselben mit für die Wirkung ihres Bildes, indem sie dieselbe nur durch Lasuren in der gewünschten Weise stimmten. Der Bolusgrund bildete also schon bei anlage des Bildes einen Bestandteil der optischen Farbe, die durch die Lasuren durchschimmerte und mit diesem zusammen die vom Maler bezweckte Nuance erzielte. Da nun aber der Bolus hygroskopisch ist, also Feuchtigkeit der luft aufnimmt, so zersetzt er noch dadurch seine Bindemittel; die Adhäsion der Farbkörperchen wird gelockert, die Strahlenbrechung des einfallenden Lichtes dadurch eine andere: Statt des leuchtenden warmen Tones, hat sich hinter den Lasuren ein kalter stumpfer dabei aber intensiver rot wirkender gebildet, der nun gar nicht mehr zu der sonstigen Stimmung des Bildes passt. Die Lasuren sind also dieselben geblieben, nur der Untergrund hat seine Farbe verändert und ist optisch vorgedrungen.,Um die Richtigkeit dieser meiner Beobachtung zu prüfen, machte ich folgenden Versuch. Ich nam 1891 eine Tafel und teilte dieselbe in drei Teile bestrich den einen Teil dick mit Bolusgrund, den ich mit einer Mischung von 3/4 Spiritus und 1'4 Dammar angerieben hatte. Die Tafel hängte ich ins Waschhaus, setzte sie also stark wasserhaltiger Luft aus. 1893 bestrich ich den zweiten Teil mit eben denselben Bolusgrund und 1895 den dritten. Beifolgende photographische Aufnahme mittelst gelber Scheibe gibt das optische Resultat (Fig. 1). Der Anstrich von 1891 verschluckt schon bedeutend weniger Licht, ist also intensiver rot als der letzte. Ich habe, nebenbei gesagt, dem Bolus sehr wenig Bindemittel beigegeben, um ein schnelleres Resultat zu haben.,Und umgekehrt: Bei einem bilde, an dem sich der Bolusgrund optisch stark über die Lasuren hervordrängte, that ich einen Tropfen Copaivabalsam auf eine Stelle und liess von der Rückseite spiritusdünste (nach Pettenkofer) einwirken. Abbildung 2 (Fig. 2) gibt das Resultat. Der Tropfen Balsam hat die Bolusmoleküle wiederverbunden und die Farbe leuchtender gemacht, so dass sie mit den Lasuren zusammen wieder in die Stimmung des Bildes passt.,Das einfachste Mittel also ist pettenkofern. Statt Copaivabalsam, der mit der Zeit sehr spröde wird, empfiehlt es sich Phöbus A. von H. Schmincke & Co. zu nehmen, nicht weil ich ihn zusammengestellt habe, sondern weil er sich bewährt hat (vergl. Techn. Mitteilungen für Malerei VIII 195 196.) ,Es ist also nicht so schlimm, wie es aussieht und ein Abnehmen vom Bolusgrund, wie Bouffier empfiehlt, unnötig. Ausserdem möchte ich aber auch wissen, wie man einen Malgrund entfernt, so dass nur die Lasuren übrig bleiben und dann das Bild auf neue Leinwand bringt!? Dieselbe müsste doch ebenfalls rot sein, denn das Rot gehört doch mit zur Farbstimmung der betreffenden Lasuren.