Sehr verschieden sind die uns im Handel angebotenen Gründe. Nur derjenige Grund, welcher von einsichtsvollen und mit der Technik vertrauten Männern als der beste hingestellt worden ist, der weisse Grund, findet sich selten. Es ist schon so oft auf seine herrliche Eigenschaft, dem Bilde Licht und Wärme, den Farben wunderbare Leuchtkraft und Harmonie zu verleihen, hingewiesen worden, dass es eigentlich über flüssig wäre, darauf zurückzukommen, wenn nicht eine wesentliche, bedeutende Vorteile gewährende Eigenschaft des weissen Grundes ausser Acht gelassen worden wäre. Derselbe bewährt nämlich seine guten Eigenschaften auch dann noch, wenn er mit einer beliebigen Lasur verdunkelt worden ist. Bevor wir jedoch hierauf eingehen, wollen wir den besten weissen Grund selbst kennen lernen.,Wenn der helle Grund den Zweck haben soll, die Lichtstrahlen durch aufgetragene Farben hindurch zurückzuwerfen, dann ist jedenfalls derjenige der beste, welcher, ohne selbst Licht zu absorbieren, die Strahlen unmittelbar von seiner Oberfläche zurückwirft und inbezug auf Helligkeit von keinem andern übertroffen wird. Der Bleiweisgrund ist, abgesehen von seinen sonstigen bekannten Nachteilen, nicht weiss genug und seine Reflexionskraft wegen des Ölgehaltes zu unbedeutend. Der Kreidegrund ist schon besser, er reflektiert gut, lässt aber inbezug auf Helligkeit zu wünschen übrig; dazu kommt noch ein Übelstand, den die Erfahrung an alten Bildern gemacht hat, dass er nämlicht auf die Dauer nicht ausreichend auf seiner Unterlage haftet, so dass die von der Rückseite derselben eintretende Luft oder Feuchtigkeit ihn nicht selten lockert.,Das best weisse Material zur Herstellung des Grundes ist der Gips. An Reinheit, Helligkeit und Reflexionskraft kommt ihm kein anderes gleich; er haftet unzertrennlicht auf seiner Unterlage, selbst ein Wasserbad vermag ihn nicht davon zu trennen. Mit der Litteratur der Technik Vertraute wissen, dass man bei Beginn der Ölmalerei den Gipsgrund angewandt hat, Jahrhunderte hindurch hat er sich bewährt, kehren wir deshalb zu seiner allgemeinen Anwendung zurück. ,Bezüglich der Verdunkelung des Grundes, welche oft notwendig, oft nur beliebt wird, möge derjenige, welcher es nicht selbst erprobt oder an Bildern bemerkt hat, wissen, dass es für die Wirkung eines Bildes nicht einerlei ist, ob ein nichtleuchtender Grund verdunkelt, d.h. grau, gelblich, rötlich oder braun getont, oder ob ein leuchtender in derselben Weise behandelt worden ist. In jenem Falle erscheinen die Farben in ihrer Wirkung kalt, in diesem bewährt sich die eminente Leuchtkraft des hellen Grundes, sie erwärmt, wenn auch in etwas geschwächt, selbst durch die Verdunkelung hindurch die Malerei. Eine kalte Farbenwirkung hat aber der Maler deshalb niemals zu bezwecken, weil die - auch bei ideellen Vorwürfen - nachzuahmende Natur uns niemals in kaltfarbigem Gewande erscheint.,Es ist eine eigene Sache mit der Wirkung des Grundes. Bei geschickte Benutzung verleiht er die Malerei, je nach seiner Beschaffenheit, eine besondere Harmonie, bei ungeschickter aber erzeugt er Disharmonie. Ist die Wirkung des Grundes durch plaulose Arbeit zerstört, so lässt sie sich nicht wieder herstellen und mit der Harmonie ist er vorbei. Die Gefahr für die Harmonie ist dort grösser, wo die Wirkung des Grundes schwächer ist. Die stärkste Wirkung aber übt der hellste Grund aus, seine Anwendung empfiehlt sich also auch in dem Falle, wo er durch eine Lasur verdunkelt werden soll. Das haben auch die alten Niederländer wohl gewusst, welche bei tiefster Tonskale Wunderwerke der Malerei geschaffen haben.,Wenn nun aber auf die Wichtigkeit des hellen Grundes für die Malerei schon mehrfach aufmerksam gemacht worden ist, man ihn aber dennoch nur sehr selten angewandt findet, so muss man sich füglich fragen, wie diese befremdende Erscheinung zu erklären ist. Über ihre Ursachen kann kein Zweifel obwalten, doch wollen wir hier Abstand nehmen, dieselben zu erörtern, vielmehr nur den Wunsch aussprechen, dass durch diese erneute Anregung die Fabrikation sich veranlasst fühle, bei der Bereitung des Malgrundes sich nur des Gipses zu bedienen, welcher auch auf der Leinwand anwendbar ist.,Die oben geforderte Farbe in Verbindung mit dem Gipsgrund 1) würde nach ihrer allgemeinen Einführung auch zu Verallgemeinerung einer besseren Technik beitragen. Man würde dann nicht mehr in Finstern tappend künstliche Versuch anstellen, für die über allen Wechsel erhabene, güttliche Kunst der Ölmalerei immer wieder neue Techniken zur Geltung zu bringen, welche wie Modeartikel von vergänglicher dauer sind. Die beste Technik ist aber diejenige, welche aus dem Wösen der für die Nachbildung der Naturerscheinung wie geschaffenen Ölfarbe in erschöpfender Ausbeutung aller ihrer vorzüglichen Eigenschaften herausgebildet ist, mit deren Hilft in früheren Jahrhunderten vollendete Meisterwerke zustande gekommen sind. Auch in dieser im Prinzip einheitlichen, in der Praxis aber vielseitigen Technik kan jeder Künstler wie ehedem seine Eigenart bekenden.