§. 49.,Wendet man Weizenschrot zur Darstellung der Stärke an, so rührt man dasselbe mit Sauerwasser (eau sure), d. h. dem von einer vorhergehenden Operation herrührenden, sauer gewordenen Wasser zu einem dünnen Brei ein und überläßt die Masse in Bottichen der Gährung. Unter Mitwirkung eines Theiles des Klebers, der in Hefe übergegangen ist, erleidet die durch das Einweichen in Wasser in dem Weizen entstandene kleine Menge Zucker die geistige Gährung; es findet reichliche Kohlensäureentwickelung statt und es bildet sich eine Decke, die gehoben und später durchbrochen wird. Nun geht die Alkoholgährung in die Essig- und später auf Kosten eines kleinen Theiles Stärke in die Milchsäuregährung über; durch die so entstandenen Säuren löst sich der Kleber, während Stärkemehl und Hülle ungelöst zurückbleiben. Sobald die Flüssigkeit in den Gährungsgefäßen ziemlich klar erscheint und beim Kneten in der Hand die Stärke leicht abgiebt, ist die Masse zum Auswaschen geeignet. Je nach Temperatur sind 12 — 30 Tage erforderlich, um allen Kleber zu lösen. Das saure Wasser enthält außer dem Kleber Essigsäure, Milchsäure, Buttersäure (kleine Mengen von Bernsteinsäure), Ammoniaksalze, etwas Schwefelwasserstoff und die mineralischen Bestandtheile des Weizens, namentlich phosphorsaure Erden 1). Die übelriechenden Gase, die sich hierbei durch Fäulniß des Klebers bilden, sind ein großer Uebelstand, eine Quelle von Unannehmlichkeiten für den Stärkefabrikanten.,Nachdem die Masse durch Gährung den erforderlichen Grad der Reife erlangt hat, schreitet man zum Auswaschen oder Austreten derselben. Zu diesem Behufe bringt man die gut umgerührte Masse in hänfene Säcke (Tretsäcke) und tritt sie in dem Tretfasse mit den Füßen aus. Die so gewonnene milchige Flüssigkeit wird in die Absüßwannen gebracht. Der Inhalt in den Säcken wird ein zweites und dann ein drittes Mal mit Wasser ausgetreten; der auf diese Weise von dem Stärkemehl befreite Rückstand ist ein Gemenge von Hüllen und Kleber und dient als Mastfutter. Die ausgetretene milchige Flüssigkeit enthält Stärkemehl, kleine Mengen feinzertheilten Klebers und etwas Hüllensubstanz, und zwar suspendirt in einer sauren Lösung von Kleber und anderen Eiweißsubstanzen und mineralischen Salzen; man läßt sie durch ein feines Haarsieb gehen und schreitet dann zum Absüßen und Abschlämmen der Stärke. Das Austreten der gegohrenen Masse ist in den größeren Stärkefabriken gegenwärtig durch ein anderes Verfahren ersetzt, nach welchem die Masse in eine stebähnliche durchlöcherte Trommel, die sich um ihre Axe dreht, kommt und darin unter Zufluß von Wasser ausgewaschen wird.,Die nach der einen oder der andern Methode erhaltene milchige Flüssigkeit wird in den Sammelbottichen sich selbst überlassen; hier setzen sich nun die suspendirtcn Stoffe und zwar nach ihrem specifischen Gewichte ab, am Boden bildet sich eine feste Schicht von ziemlich reiner Stärke, dann kommt ein Gemenge von Stärke mit Hüllen und Kleber, und obenauf als oberste Schicht ein Schlamm, fast nur aus Kleber und Hüllen und nur kleiner Menge von Stärkemehl bestehend. Die über dem Absatz stehende Flüssigkeit ist das Sauerwasser (eau sure, eau grasse), welchem zum Theil frisches Gemenge von Weizenschrot und Wasser zur Beschleunigung der Gährung zugesetzt wird, der übrige Theil wird mit den ausgetreteten Rückständen als Viehfutter verwendet. Mit Kalk versetzt ist sie ein vortreffliches Düngemittel, das ungefähr denselben Effect wie starker Harn hervorzubringen vermag.,Während desAbzapfens des Sauerwassers nimmt man darauf Bedacht, die schlammige Schicht von der Stärke zu trennen und aus ersterer durch Anrühren mit Wasser in besonderen Gefäßen noch die Stärke zu gewinnen. Die in den Sammelbottichen zurückbleibende Stärke wird mit Wasser angerührt und abermals absetzen gelassen; die durch Abzapfen von dem darüber stehenden Wasser befreite Starkeschicht wird durch Abschaben von der oberen kleber- und hüllehaltigen Schicht befreit und dann nochmals mit Wasser angerührt u. s. w., bis das darüber stehende Wasser keine saure Reaction mehr besitzt. Um die Stärke aus den Absatzbottichen herausnehmen zu können, wird ihr ein Theil des Wassers, durch aufgelegte Tücher entzogen; darauf entfernt man die Stärke aus den Kufen mit Hülfe eines spatenähnlichen Instrumentes und trocknet sie auf die bereits angegebene Art.,Wenn es sich um die Herstellung von Waschstärke handelt, so setzt man der Stücke während des Reinigungsprocceses eine kleine Menge von Ultramarin zu, die sich in dem Stärkemehl vertheilt und mit demselben absetzt.,,1) Nach der Ansicht von Knapp wird hierbei der Kleber nicht sowol durch die entstandenen Säuren gelöst, deren Menge viel zu gering sei, um eine hinreichende Wirkung zu haben, sondern in Folge seiner Eigenschaft, vor der Fäulniß zu zerstießen und löslich zu werden.,