Das vierdte Buch/
von der Glasmacher-Kunſt/
ANTHONII NERI
von Florentz.
Der Jnhalt dieſes Vierdten Buchs.
HJerinnen wird die rechte Manier/ das Bleyglas zu bereiten angewieſen; ingleichen wie man das Bley calciniren/ und aus demſelbigen eine ſchoͤne Smaragd-Farbe/ wie auch die Farbe eines Topas und Sapphirs; Jtem der Korn-Blu-men oder Meer-Specht oder Meer-Elſter-Farb/ die Fleiſch-Farbe/ guͤl-bene Farb/ und die Farb des Lazur-Steins bereiten ſoll: Wie nicht we-niger die Berg-Cryſtall zu tingiren/ mit einer beſtaͤndigen Rubin-Farb/ Balas-Topas-Opals-Sonnen-Blumen/ und andern dergleichen ſehr ſchoͤnen Farben.
Das 61. Capitel.
DAs Bleyglas iſt in der Glasmacher-Kunſt wenigen bekannt; ſo viel die Farben betrifft/ ſo iſt gewißlich dieſes Glas/ unter allen an- dern/ welche im Ofen bereitet werden/ das allerſchoͤnſte und edelſte/ mit welchen wir die Farben der Orientaliſchen Edelgeſteine nachahmen koͤn-
nen/ welches mit dem Cryſtall/ oder andern dergleichen Glas nicht ge- ſchehen kan.
Dieſes Glas/ wenn man in der Bereitung nicht ſehr wohl/ und genau achtung darauff hat/ ſo zerreiſſet es alle Toͤpffe und Geſchirr/ und wird zu Aſchen: derowegen beſchreibe ich allhier alles ſo eigentlich und genau/ daß man/ wie ich glaube/ alle Gefahr verhuͤten kan; ſolches
aber beruhet eintzig und allein darinnen/ daß man nemlich das Bley recht zu calciniren/ und die Calcination gebuͤhrend zu wiederholen/ wiſ- ſe; denn je oͤffter es calciniret wird/ je weniger es ſich reduciren laͤſſet/ und zerbricht auch alſo deſto weniger die Toͤpffe: Es muß aber allezeit ins Waſſer geworffen/ und nachmahls wieder geſchmoltzen werden: Und ſo offt auffdem Boden des Topffes/ etwas reducirtes Bley gefunden wird/ ſo muß ſolches allemahl fleißig herausgenommen werden; dennſonſten durchloͤchert es den Topff-Boden/ oder zerreiſſet ſolchen/ gehet ſammt dem Glas durch die allerengſten Riſſe hindurch/ und hinterlaͤſſet den Topff leer: darumb ſoll man nachfolgende Regeln/ in dieſem Buch beſchrieben/ fleißig in acht nehmen/ ſo wird man aller Gefahr entgehen.
Das 62. Cap.
Das Bley zu calciniren.
MAn calciniret erſtlich das Bley in dem Oefelein/ welches denen Toͤpffern wohl bekannt iſt/ und zwar in ziemlicher Qvantitaͤt; denn man kan innerhalb 2. Tagen viel Bley calciniren; allein es iſt zu mercken/ daß das Oeffgen nicht waͤrmer/ als ob man Glas ſchmeltzen
wolte/ ſeyn muͤſſe; ſonſt wuͤrde das Bley ſich nicht calciniren.
Wenn nun das Bley eine kleine weil gefloſſen/ und eine gelblich-te Haut bekommen hat/ ſo ziehet man das calcinirte herab mit einem hierzu beqvemlichen Eyſen/ und ſolches breitet man aus auff den innern Ofen-Herd/ welcher von glatten und Feuerbeſtaͤndigen Steinen ſeyn
ſoll/ und gegen den Mundloch etwas herreichen muß; dieſes alles/ weiln es ins gemein ſehr wohl bekannt iſt/ wollen wir mit Fleiß vorbey gehen; nur allein bemerckend/ daß das Bley/ welches einmahl calciniret iſt/ wiederumb muͤſſe in dem Ofen auffn Herdt ausgebreitet/ und bey maͤſ- ſiger Waͤrme reverberiret/ auch mit einem Eyſen etliche Stund lang/ ſtets umbgeruͤhret werden; da es dann in dieſer andern Calcination ei- ne gelbe Farb bekommet: hernach wird es durch ein enges Sieb geſchla-gẽ/ und was nicht durchfallen will/ wiederum̃ mit andern Bley calciniret: Und auff ſolche Weis/ wird des Bleys eine groſſe Qvantitaͤt zu dem irde- nen Geſchirren und dem Gebrauch der Toͤpffer calciniret.
Sonſten iſt vor allem zu mercken/ daß der Ofen maͤßig warm ſey/ denn ſo er zu heiß iſt/ wird das Bley nimmermehr calcinirt werden.
Das 63. Capitel.
Wie man das Bley-Glas machen ſoll.
MAn nimmt/ zum Exempel/ dieſes gecalcinirten Bleyes 15. Pfund/und von der Fritta Cryſtalli, oder (nachdem wir eine Farb verlan- gen/) Rochettæ, oder des Levantiſchen Pulvers/ 12. Pfund; dieſes/ nach-dem es auffs genaueſte miteinander vereiniget/ thut man in einen Topff/
und nach Verflieſſung 10. Stunden (denn es wird in ſolcher Zeit ſehr wohlgeſchmoltzen ſeyn) wuͤrfft man es ins Waſſer.
Wobey zu mercken/ daß ſich zum oͤfftern auff dem Boden des Topffs/ etwas des reducirten Bleyes befindet/ welches ſehr fleißig heraus zu nehmen/ maſſen es ſonſten den Topff durchbohret/ zerreiſſet/ und alſo al- les verlohren gehet.
Und dieſes iſt eines von den fuͤhrnehmſten/ welches in dieſem Werck zu beobachten iſt. Es iſt auch uͤber dieſes fleißig in acht zu neh- men/ daß die Bley-Koͤrner/ welche ſich im Waſſer befinden/ und dem Bley-Glas nicht anhangen/ nicht wiederumb in den Topff kommen;
Denn es mit dem Obigen gleiche Bewandniß hat/ in dem man ſich als- denn/ ſo wohl wegen Zerbrechung des Geſchirres/ als einiges andern dar- aus erfolgenden Schadens zu befoͤrchten hat.
Wenn nun dieſes alles in acht genommen/ ſo thut man das Glas wiederumb in den Topff/ welches alsdenn/ nach abermahlicher Verflie- ſung der 10. Stunden/ (auffs allermainſte) zum Verarbeiten tuͤchtig ſeyn wird: Und dieſes iſt die Manier das Bley-Glas zu machen.
Das 64. Capitel.
Eine Manier/ wie man das obgedachte Bley-Glas verar-beiten ſoll.
SO jemand Luſt hat/ ein oder andere Sorten der Trinck-Geſchirr/ o-der andere dergleichen zum haͤußlichen Gebrauch dienende Gefaͤſſe/aus dem Bley-Glas zuverfertigen/ der muß von dieſem Glas gar ein we-niges/ mit dem Glasrohr herausnehmen/ ſolches im etwas erkalten
laſſen/ und denn endlich verarbeiten; vorher aber muß der Marmor wohl gereiniget/ und (in dem das Glas ein wenig kalt wird) mit kalten Waſſer wohl angefeuchtetwerden/ deñ ſonſten ſchiefert ſich der Marmor vom Bley-Glas ab/ und machet das Werck ungeſtalt/ indem das Glas
vom Marmor etwas an ſich nimmt.
Derowegen muß der Marmor/ indeme man das Glas unter Haͤn-den hat/ ſtets angefeuchtet werden/ ſonſten verliehret das Glas alle ſeine Zierde.
Uber dieſes je haͤrter der Marmor iſt/ je weniger hat man ſich der Gefahr des Abſchieferens zu befahren: Und dieſer Proceß/ mit Abkuͤh-lung des Glaſes/ und Anfeuchtung des Marmors muß jederzeit in acht genommen werden/ ſo offt ein neues Stuͤcklein Glas zu verarbeiten ange-fangen wird: Denn es iſt dieſes ein ſo zartes und ſubtiles Glas/ daß/ ſo es nicht zuvor etwas erkaͤltet/ oder anderſt als in gar geringer Qvanti-taͤt/ aus dem Topff genommen wird/ es ſich auff keine Weiſe verarbeiten/ noch mit dem Blas-Rohr der Glasmacher/ aus dem Ofen bringen laͤſ-ſet; es hat aber ſolche Zartheit/ welche einer duͤnnen Bruͤh gleichet/ bloß von dem Bley.
Damit es derowegen fuͤglich ausgearbeitet werden koͤnne/ muß man allezeit nur gar wenig davon heraus nehmen/ auch ſolches zuvor et- was verbroͤdeln oder erkuͤhlen laſſen/ den Marmor ſtets anfeuchten/ und den Topff bey maͤßiger Waͤrme erhalten.
Das 65. Capitel.
Das Bley-Glas mit einer wunderſchoͤnen Smaragd-Farb zu machen.
MAn nim̃t 20. Pfund von der geſiebten Fritta des Levantiſchen Pul-vers/ und 16. Pfund des geſiebten Bley-Kalchs: ſolches auffs Be-ſte mit einander vermiſchet/ wird abermal durch ein Sieb geſchlagen/ in einen warmen Topff gethan/ und 8. oder 10. Stund lang auffs Beſte
mit einander geſchmoltzen: Alsdenn wirfft mans ins Waſſer/ und ſchei-det das im Topff oder Waſſer befindliche Bley auffs fleißigſte davon/damit es/ wie oben erwehnet/ den Topff nicht zerbreche.
Wenn dieſes geſchehen/ ſo thut man die Materien wiederumb in den Topff/ ſo wird es innerhalb 6. 8. oder dergleichen Stunden wohl ſchmeltzen/ alsdenn wuͤrfft mans von neuen ins Waſſer/ und thut das Bley/ wie zuvor fleißig davon/ ſo wird das Glas von aller Fettigkeit des
Bley Kalchs/ und des Saltzes wohl gereiniget ſeyn/ und einen hellleuch-tenden Glantz haben/ auch in wenig Stunden ſchmeltzen und gereiniget werden.
Hernach thut man noch zu ſolchen/ 12. Loth Kupffer Hammerſchlag/welcher nach Anleitung des 28. Capitels dreymal gecalciniret worden/und 24. Gran von dem Croco Martis, mit Eßig bereitet; ſolche zwey ſpe-cies mit einander vermiſchet/ werden auff 6. mal dem Glas zugeſetzet/ alſo/daß man zwiſchen Eintragung eines jeden Theils ein Vater Unſer lang warte/ alsdann wuͤrfft man/ wie gedacht/ allezeit den 6ten Theil zum Glas hinein/ und ruͤhret ſolches wohl durch einander; nachmahls laͤſſet mans eine Stund ruhen/ ruͤhrets darnach wieder wohl herumb/ und nimmt eine Prob davon/ und ſo die Farb gut/ laͤſſet mans noch 8. Stund ruhen/ damit ſich alles wohl vereinige; nach dieſem kan mans verarbei-ten/ ſo werden die daraus bereiteten Geſchirr eine ſo glaͤntzende und herr-liche Farbe bekommen/ daß ſie ſcheinen/ als ob ſie aus einen Smaragd eines alten Orientaliſchen Felſens gemachet waͤren.
Dieſes Glas/ nach dem es die gebuͤhrliche Farb erlanget hat/ wird ſo lange in dem Topff behalten/ biß daß alle fæces verzehrt/ und das Glas wohl gereiniget wordẽ; ſo wird man eine ſo ſchoͤne Farb bekom̃en/ welche dem natuͤrlichen Smaragd gantz und gar aͤhnlich ſeyn wird/ ſo gar/ daß man ſie kaum von einander unterſcheiden kan.
Das 66. Capitel.
Eine wunderſchoͤne Smaragdgruͤne Farb/ alle andere uͤbertreffend/ zu bereiten.
DJeſe gruͤne Farb/ in einer vortrefflichen Schoͤnheit zu erlangen/ ſo nimmt man eben die Qvantitaͤt von der Fritta, von dem Bley-Kalch/ und von dem Croco Martis, wie in dem vorhergehenden 65. Capitel/ al- lein an ſtat des Kupffer-Hammerſchlags nimmt man/ jedoch in dem vo-
rigen Gewicht/ das Caput mortuum von dem Kupffer-Vitriol/ welchesnach Jñhalt des 131. und 132. Capitels ſey gepraͤpariret worden; Jm uͤ-brigen haͤlt man mit der Bereitung gleichfalls den vorigen Proceß/ ſo wird man eine ſo ſchoͤne und ſeltene Smaragd-gruͤne Farb bekommen/
als auff einigerley Weis immer geſchehen kan/ welches ich/ nicht ſonder Beluſtigung/ zum oͤfftern erfahren habe.
Das 67. Capitel.
Ein Topas-Farbe dem Bley Glas zu machen.
MAn nimmt an ſtat der Frittæ des Levantiſchen Pulvers von der Fritta Cryſtalli 15. Pfund/ und von dem Bley Kalch 12. Pfund: Solches/ nachdem es vermiſchet/ gepuͤlvert/ und duꝛchgeſiebet/ thut mans in einen warmen Topff/ und wirfft es nach 8. Stunden ins Waſſer: Das annoch gantze Bley muß man/ wie zuvor erwehnet/ hinweg thun; alsdenn thut man die Materien wieder in den Topff/ und nach Verflieſ-ſung der gebuͤhrlichen Zeit nachmahls in das Waſſer; hernach wird ſol-ches heraus genommen/ uñ die Helffte davon dem Goldfarbichten Glas
(deſſen Vereitung in dem vorhergehenden 46. Capitel zu finden/) zugeſe-tzet: Nachdem nun dieſes wohl mit einander incorporiret und gereini-get iſt worden/ ſo wird dieſe Materia allerdings einem Orientaliſchen Topas aͤhnlich kommen.
Das 68. Capitel.
Die Blaue oder Meerwaſſer-Farb ins Bley-Glas zu bringen.
MAn nimmt 16. Pfund von der Fritta Cryſtalli, und 10. Pfund Bley-Kalch/ ſolches/ nach deme es wohl mit einander vermiſchet und durch ein Sieb iſt geſchlagen worden/ wird in einen maͤßig-warmen Topff/ wie zuvor/ gethan/ ſo wird die Materia nach 12. Stunden auffs
Beſte zerfloſſen ſeyn/ welche man alsdenn ſammt dem Topff ins Waſſer thun ſoll; das Bley wird/ wie zuvor/ davon abgeſondert/ die Materia a- ber wiederumb in den Ofen/ und nach 8. Stunden nochmahls ins Waſ- ſer gethan/ ſo wird es beſter Maſſen gereiniget ſeyn: Wenn dieſes ge- ſchehen/ ſo nimmt man des praͤparirten Rauſch oder Zitter-Kupffers (wie oben in dem 20. Capitel iſt gezeiget worden/) 8. Loth/ und von der præparirten Zaffera ½ Loth; dieſe Pulver auffs Beſte mit einander ver- miſchet/ und in 4. Theil abgetheilet/ traͤget man auff 4. nterſchiedliche mahl ins Bley-Glas/ durchruͤhret daſſelbe nach 2. Stunden ſehr wohl/ und nim̃t alsdeñ eine Probe/ ob die Farbe nach Erheiſchung des Wercks voͤllig genung ſey oder nicht; hernach laͤſſet mans 10. Stunden ruhen/ uñ nachdeme ſich die Farbe mit dem Glas wohl vereiniget hat/ ſo wird es al-ſofort zum Werck tauglich ſeyn/ und im Verarbeiten eine ſehr ſchoͤne Farb haben.
Das 69. Capitel.
Eine Granaten-Farbe in Bley-Glas zu machen.
ES werden 20. Pfund von der Fritta Cryſtalli, mit 16. Pfund Bley- Kalch vermiſchet/ darzu thut man noch 6. Loth von der Piemonti- ſchen Magneſie/ und 1. Loth von der præparirten Zaffera; ſolches ſchuͤttet man in einen gewoͤhnlich-warmen Topff/ und nach 12. Stunden ins
Waſſer; nachdem nun das Bley davon abgeſondert/ ſetzet mans wieder in den Ofen/ ſo wird es nach 10. Stunden gereiniget ſeyn: Hernach wird die materia gemiſchet/ und ſiehet man/ ob die Farbe recht ſey/ nach dieſem kan es alsdenn verarbeitet werden/ ſo wird man ein ſehr ſchoͤnes Glas/ in einer herrlichen Granat-Farbe haben.
Das 70. Capitel.
Die Sapphier-Farbe dem Bley-Glas zu geben.
MAn nimmt 15. Pfund von der Fritta Cryſtalli, und 12. Pfund Bley- Kalch/ zu dieſem/ nachdem es wohl untereinander gemiſchet und geſiebet worden/ thut man noch 4. Loth von der præparirten Zaffera,und 24. Gran von der præparirten Piemontiſchen Magneſie.
Solches alles wohl untereinander vermenget/ und in einen Topff gethan/ haͤlt man 12. Stunden lang in dem Ofen; Hernach wird die ſaͤmmtliche materia ins Waſſer geworffen/ das Bley mit Fleiß davon abgeſondert/ und alsdenn wiederumb 12. Stunden lang in den Ofen
gereiniget.
Wenn nun nach genommener Proba die Farbe recht/ alsdenn kan man es verarbeiten/ ſo wird man ein Glas bekommen/ in der Farbe eines ſchoͤnen Orientaliſchen Sapphiers/ der mit der gedoppelten Vi- olen-Farbe vermiſchet worden/ ſehr ſchoͤn lieblich und anmuthig anzu-
ſehen.
Das 71. Capitel.
Eine guͤldene Farbe dem Bley-Glas mitzutheilen.
MAn nimmt der Fritta Cryſtalli, und des Bley-Kalches/ iedes 16.
Pfund/ zu dieſem/ nachdem ſie wohl vermenget und geſiebet wor-den/ thut man noch 12. Loth von dem Kupffer-Hammerſchlag/ welcher 3. mal gecalciniret worden iſt/ und 48. Gran des Croci Martis, mit Eßig bereitet.
Dieſes alles thut man/ wohl vermiſchet/ in einen maͤßig-warmen Topff/ und wirfft es nach 12. Stunden ins Waſſer/ ſondert das Bley darvon/ und reiniget es abermal/ 12. Stunden lang im Topffe.
Hernach vermiſchet man die materia wohl/ und probiret/ ob die Farbe recht ſey; im Fall ſie gruͤnlicht zu ſeyn ſcheinet/ ſo thut man/ vom Croco Martis, noch etwas hinzu/ alsdenn koͤmmt an ſtatt der gruͤnen/ eine ſchoͤne Gold-Farbe herfuͤr/ ſolche kan man fortan verarbeiten/ ſo
wird man eine ſchoͤne Gold-Farbe bekommen/ dergleichen ich zum oͤff-tern bereitet habe.
Das 72. Capitel.
Die blaue Laſur-Stein-Farbe zu machen.
MAn laͤſſet das ſchoͤne Milchfarbichte Glas (nach Anleitung des 55. Capitels/ aus dem weiſſeſten Cryſtall bereitet) in einen Topff ſchmeltzẽ/ uñ thut nach uñ nach eben ſo viel blaue Mahler-Smalte darein/ als zu voͤlliger Faͤrbung deſſelbigen wird von noͤthen ſeyn. Hernach ver-
miſchet man das Glas/ und probiret es/ umb zuſehen/ ob die Farbe recht ſey; wenn dem alſo iſt/ ſo laͤſſet mans noch 2. Stunden lang ſtehen; Als- denn wirds nochmals herumb geruͤhret/ und die Farbe wiederumb ge- probiret; wenn ſich nun alles wohl und recht befindet/ ſo laͤſſet mans noch 10. Stund lang ruhen.
Nach dieſem ruͤhret mans wiederumb herumb/ und wenn die Farbe in gleichẽ Grad unveraͤndeꝛlich verbleibet/ ſo kan mans verarbeiten/ uñ al- lerley Geſchirr daraus bereiten/ welche an der Farb/ einem rothen Laſur- Stein gantz gleich und aͤhnlich kommen werden: Jm fall ſich die Mate- ria/ wenn der Kuͤnſtler in der Arbeit iſt/ auffſchwellete/ ſo ſoll man ihr nur etliche Goldblaͤdlein zuſetzen/ welche/ wan ſie in dem auffblehenden Glas wohl zertheilet werden/ die natuͤrliche Farbe des Laſur-Steines noch mehr befoͤrdern helffen.
Das 73. Capitel.
Die Berg-Cryſtall Nattern-Farbicht zu machen.
MAn nimmt erſtlich von der Berg-Cryſtallen/ die Stuͤcklein unter-ſchiedlicher Groͤſſe/ und zwar ſolche/ welche durchſichtig/ uubefleckt und von aller irdiſchen Unreinigkeit geſaͤubert ſind/ eine gewiſſe Qvan- titaͤt: ferner nimmt man des rohen Antimonii und des gelben Auripi-
gments/ jedes 4. Loth/ Salmiac 2. Loth.
Dieſes alles wohl gepuͤlvert/ und miteinander vermiſchet/ thut man in einen Feuerbeſtaͤndigen Tiegel/ und traͤget alsdenn vorbeſagte Cryſtallen-Stuͤcklein/ nach und nach/ hienein; hernach wird dieſer Tie- gel mit einen andern umbgekehrtẽ Tiegel zugedecket/ auffs beſte verlutirt/ und wenn ſolches trocken worden/ mitten in die Kohlen geſetzet/ welche man vom beygelegten Feuer/ nach und nach von ſich ſelbſten anbrennen laͤſſet/ ſo wird der Tiegel ſehr zu rauchen anheben; dahero erfordert die- ſe Arbeit einen weiten und groſſen Camin; noch beſſer aber iſts/ wenn dieſer Rauch kommet/ daß man aus dem Laboratorio gehe/ denn ſolcher Rauch hoͤchſt ſchaͤdlich/ ja faſt toͤdlich iſt; Derowegen mag man ſich wohl vorſehen/ daß man ſolchen auff keinerley Weiſe an ſich ziehe; wenn der Rauch auffhoͤret/ ſo laͤſſet man das Feuer ausgehen/ und den Tiegel kalt werden.
Nach dieſem nimmt man die Cryſtall-Stuͤckgen heraus/ und die jenigen/ welche im Tiegel oben auffgelegen haben/ werden Gold-Ru- bin- und Balaßfarbicht ſeyn/ auch viel ſchoͤne Flecken haben; die andern im Gegentheil/ welche unten und nahe bey dem Pulver gelegen/ werden mei- ſtentheils Natternfarbicht ſeyn; dieſe koͤnnen/ gleich wie andere Edelge- ſteine/ gepoliret und ſchoͤn glaͤntzend gemachet werden.
Die uͤbrigen Cryſtall Stuͤcklein/ wenn man ſie in Gold oder der- gleichen eingefaſſet/ und nach Geſtalt der Farben/ mit foliis oder Dupple- ten unterleget/ werden ſehr ſchoͤn/ und fallen uͤberaus lieblich ins Geſicht.
Und weiln dieſe Arbeit wenig koſtet/ auch nicht ſehr muͤhſelig oder verdrießlich iſt/ als kan man ſolcher Steine eine ziemliche Qvantitaͤt tin- giren; denn es werden ſich allezeit etliche ſonderbar-ſchoͤne Stuͤcke darun-ter befinden.
Das 74. Cap.
Die Balaß-Rubin-Topas-Opal- und Aſterien-Farbe in den Cryſtall zu bringen.
MAn nimmt des Saffrangelben Auripigments/ und des Cryſtalli- ſchen Arſenici, jedes 4. Loth/ des rohen Antimonii und Salmiac jedes 2. Loth: dieſe ſpecies wohl gepuͤlvert und untereinander gemenget/ thut man in einen genugſam weiten Tiegel/ und leget erſtlich kleine/
nachmals groͤſſere Stuͤcklein/ von dem reinen Berg-Cryſtall darauff/ biß der Tiegel voll iſt.
Auff dieſen Tiegel lutiret man auffs fleißigſte/ wie zuvor/ einen andern umbgekehrten Tiegel/ daß die zwey Mundloͤcher auff einander ge- hen/ auch muß der obere Tiegel am Boden ein Loͤchlein einer Erbſen groß haben: Solches aber geſchiehet darumb/ dieweil der auffſteigende
Rauch von den Materialien/ die obenliegende Cryſtallen beſſer im Auff- ſteigen tingiret/ als wenn er Seit-werts oder durch die Seiten-Fugen des Tiegels gienge.
Nach deme das Verlutirte getrocknet/ ſetzet man die Tiegel mitten in die Kohlen/ iedoch ſo/ daß die Kohlen den untern Tiegel gantz/ und von dem obern die Helffte bedecken.
Nachgehends leget man Feuer zu/ daß ſich die Kohlen nach und nach von ſich ſelbſt/ und ohne Anblaſen/ anzuͤnden/ es waͤre denn/ daß das Feuer ausgehen wolte/ in welchen Fall mans auffblaſen muß; die Kohlen aber muͤſſen groß und von Eichen-Holtz ſeyn. Sonſten verfaͤhret man/ wie im vorigen Capitel gemeldet/ und vermeidet den Rauch/ als ein hoͤchſt ſchaͤdliches und toͤdtliches Gifft/ mit gantzem Fleiß; und ob der Rauch ſchon etwas lange waͤhret/ ſo muß man ihn doch von ſich ſelbſten vergehen/ und auff gleiche Weiſe/ nemlich von ſich ſelbſt/ das Feuer ab-gehen laſſen.
Den Tiegel muß man durchaus nicht in kalte Lufft ſetzen/ ſonſten wuͤrden die annoch warmen Cryſtallen zerſpringen/ und bruͤchig werdẽ.
Wenn nun alles von ſich ſelbſten erkaltet/ und die Tiegel eroͤffnet worden/ ſo werden die groͤſſern Cryſtallen-Stuͤcke/ mit Topas-Balaß- Rubin-Chryſolit-Aſteriæ-(das iſt/ Stern- oder Sonnenſtein) und O- pal-Farbe getingiret ſeyn/ welches ſehr anmuthig anzuſehen iſt.
Von dieſen koͤnnen die jenigen Stuͤcke/ welche am beſten getingiret ſind/ auff dem Polier-Rad gepoliret werden; ſo werden ſie einen ſchoͤnen Glantz/ gleich denen natuͤrlichen Edelgeſteinen/ auch noch wohl einen ſchoͤnern/ erlangen/ und dieſes ſonder allen Mangel der Haͤrte/ welche ſich/ wie bekannt/ in dem Verg-Cryſtall genugſam befindet. Derglei- chen Steine habe ich zu Antorff/ eine zimliche Anzahl verfertiget/ davon einige Stuͤcke/ mit der Opal- und Stern-roche Farbe/ auff das aller-choͤneſte gefaͤrbet waren.
Dieſe Steine/ gleichwie die natuͤrlichen Edelgeſteine/ in das Gold/ mit unterlegten folien/ Duppleten oder dergleichen/ eingefaſſet/ geben ein extraordinar- ſchoͤnes Anſehen: Es muß aber das Auripi- gmentum hierzu gruͤnend und Goldfaͤrbig erwehlet und genommen
werden; Denn hierinnen beſtehet das gantze Kunſtſtuͤck dieſer Sache.
Das Feuer muß Anfangs gelinde ſeyn/ auch muß man hernach al- les von ſich ſelbſten erkalten laſſen.
Solte aber das erſte mal nicht gleich alles angehen/ ungeachtet der Obſervirung alles des obigen/ ſo ſoll man die erſte Arbeit wiederho- len/ ſo wird man in der Arbeit befinden/ daß die Erfahrung niemals betriege.