CHRISTOPHORI MERRETTI,
der Artzney Doctoris, und Mitglieds der Koͤniglichen Societaͤt in Londen/Anmerckungenuͤber die Buͤcher Anthonii Neri, Von der Glasmacher-Kunſt.
Mit noch einigen nuͤtzlichen Obſervationen und curieuſen Erinnerungen/ verfaſſet von Johann Kunckeln.
Anmerckungen/Christophori Merreti, uͤber die Vorrede des Autoris, an den Leſer.
FReundlicher Leſer ꝛc. Den Autorem und das gegenwaͤrtige Werck von der Glasmacher-Kunſt/ betreffend/ ſo wird deſſel-bigen/ bey den Schreibern voriger Zeit/ wenig gedacht/ auſſer daß Garſon/ in ſeinem Buch de Doctrina Univerſali, und Bornetius de Sufficientia, pag. 141. nur den Nahmen nach/ aber nichts weiters da-von Meldung thun.
Uber dieſes/ ſo habe ich niemahls erfahren koͤnnen/ wie ſorgfaͤltig ich auch darnach geforſchet/ daß das andere von unſerm Autore verfer- tigte/ und ſo wohl in der Zueigungs-Schrifft/ als auch in der Vorrede/ verſprochene Chymiſche Buch/ in den Truck/ oder an den Tag gekom-men waͤre; auch habe ich ſolches niemahls/ bey einigen Chymiſchen Schreiber allegiret befunden: aus welchen leichtlich zu ſchlieſſen iſt/ daß dieſes andere Chymiſche Werck gar nicht an das Tageslicht kommen ſey.
Wiewohl ſolches kein Wunder; denn es verurſachte gegenwerti-ges Werck/ welches er am erſten hervor gab/ bey ihm keinen fernern An-trieb und Luſt/ auch das andere/ verſprochener Maſſen/ durch den Truck mit zutheilen; und ſolches vielleicht darum/ dieweil man zur ſelben Zeit ſchon angefangen hat dergleichen Art Kuͤnſte (welche doch unter allen den Menſchen am nuͤtzlichſten) unter die Zahl der liederlichen/ oder gar-ſtigen/ und unnuͤtzlichen Sachen/ zu rechnen; als ſolche Dinge/ welche von denen hochgelehrten Leuten dieſer Zeit geringſchaͤtzig/ und der Un-terſuchung kaum werth/ von ihnen geachter werden: denn der ſubtile Kunſt-Fleiß ſolcher Gelehrten iſt nur eintzig und allein beſchaͤfftiget/mit unnuͤtzlichen und unbegruͤndeten Speculationen/ deren Wiſſenſchaff-Solches aber hat ſchon vorlaͤngſt unſer Landsmann/ der hochge-lehrte Baco, ein Mann von hoͤhern und ſcharffſinnigern Verſtande/ in einer unvergleichlichen Schrifft/ Novo Organo intitulirt/ mit gutem Grunde widerleget/ auch die Eitelkeit/ ſammt der Unvermoͤgenheit ſol-ches Weges angezeiget/ und mit groͤſſerer Weißheit einen andern an deſſelben Staͤte geſetzet/ der zu Befoͤrderung der Kuͤnſte und Wiſſen-ſchafften/ eine weit mehrere Wuͤrckung und Nachdruck haben wird.
Dieſer frucht- und nutzbare Lehrweg aber iſt zwar von etlichen/ mit Unterſuchung vieler Experimenten/ abſonderlich aber noch nicht allge-mein/ oder von allen angenommen/ und betreten worden; doch iſts nun-mehr an deme/ daß es ſcheinet/ als wolte ſolcher Weg guten Fortgang gewinnen; ſintemahln die Hoch Edle und Hoch Ehrwuͤrdige Koͤnigli-che Societaͤt/ des Greshamiſchen Collegii, Jhr denſelbigen Weg er-wehlet/ welche auch mit ihrer Koͤnigl. Majeſtaͤt Bewilligung/ woͤchent-lich verſammlet wird/ damit das Vorhaben aller tapffern Leute befoͤr-dert/ dieſer wahre Zweck und Vorſatz erreichet/ und taͤglich eine Mate-ria dargereichet werde/ welche zu ſolchem ſchoͤnẽ Gebaͤu dienlich ſeyn kan.
Des gedachten Vorſatzes begreiffet auch einen Theil das gegen-wertige Buch in ſich/ darinnen die gantze Kunſt das Glas zu machen/und ſolches zu faͤrben vollkoͤmmlich und deutlich erklaͤret/ vorgeſtellet wird; wie ſolche unſer Autor von ſeiner Jugend auff/ ſo wohl von ſinn-reichen Kuͤnſtlern erlernet/ als auch aus der Feuer-Kunſt und der Er-fahrung erlanget und erfunden hat; wie er dann an unterſchiedlichen Oertern ſeines Buchs/ die eigentliche Zeit/ den Ort und die Arbeit ſei-ner Invention, und zwar ſolches mit allen Umbſtaͤnden/ die hierzu benoͤ-thiget ſind/ erzehlet.
Das Lateiniſche Wort Vitrum, welches in unſer Engliſchen Sprach das Glas heiſſet/ kommet auch mit dem Teutſchen uͤberein/ ſol-ches wird von dem Lateiniſchen Woͤrtlein Glaſtum hergeleitet; denn ſo man von dieſem die letzte Syllabe hinweg thut/ ſo kommet das Wort Glaß heraus.
Das Lateiniſche Wort Glaſtum wird bey dem Cæſar, in ſeinen Commentarien/ Vierum geheiſſen/ indeme er alſo ſaget: Omnes Britan-ni ſe vitro inficiunt, das iſt/ die Britannier faͤrben ſich alle mit Glas: von welchen auch Mela im 3. Buch/ cap. 6. ſaget: Die Britan-nier ſo ihre Leiber mit Glaß gefaͤrbet; auch ſaget Vitruvius: die mit Glas gefaͤrbte Wollen: denn alſo hat dieſen Ort/ des Cæ-ſars, der gelehrte Turnebus erſetzet; indem man vor Alters/ an ſtat Vi- trum, das Wort Ultrum zu leſen pflegte: daſſelbe Wort Vitrum, Glas/ bezeichnet das Griechiſche Wort Iſatis, welches im Lateiniſchen Gla-ſtum heiſſet/ und ein Kraut bedeutet/ welches eine blaue Farb giebet/ denen Wegwarten nicht ungleich: ſolches erhellet aus den Worten Vi-truvii, da er ſaget: ſie faͤrben ſich/ in Ermanglung der Jndianiſchen Farbe/ mit dem Vitro, welches die Grichen Iſatin nennen.
Nicht anders befindet ſichs in des Apuleji Tractat vom Kraͤutern/(der zwar noch nicht im Truck/ ſondern in des Emerici Caſauboni Haͤn-den ſich befindet/ iſt auch viel verbeſſerter und vermehrter/ als alle ande-re editiones, ſo bißhero an den Tag kommen ſind) da man alſo lieſet: Das Kraut Iſatis wird von etlichen Angion oder Aroſion, von den Jta-lienern Rutum, auch von andern das Glas-Kraut genennet: Jedoch ſe-tzet Salmaſius beſtaͤndig/ vor Glaſtum das Wort Gvaſtum, welches das Britanniſche Wort Gvadum iſt/ damit ſie die blaue Glas-Farb benen-nen: Jngleichen bezeugets auch Plinius im 22. Buch/ cap. 1. mit dieſen Worten: Das Kraut/ welches man in Franckreich Glaſtum nennet/ ſo dem Wegerich nicht ungleich iſt/ gebrauchen der Britañier Weiber/ die damit ihren gantzen Leib beſtreichen/ und einigen gewiſſen Gottesdien-ſten alſo nackend beywohnen: Jngleichen ſaget Cambden, in ſeiner Britanniſchen Beſchreibung alſo: Das iſt jenes Kraut/ welches wir Glaſtum nennen/ es giebet etwas blaue Farb/ welche die Britannier/biß auff den heutigen Tag/ Glaß heiſſen.
Die Urſach/ warumb dieſem Wort Glaſto der Name Glaß bey-geleget worden/ iſt vielleicht dieſe; dieweil das Glaß/ wie unſer Autor und die Erfahrung lehren/ etwas blaues von Natur bey ſich hat: das Lateiniſche Wort Vitrum, kommet her von dem Wort Viſum, das iſt/ ge-ſehen (eben als wie das Wort Aratrum, ein Pflug/ und Rutrum, Schauf-fel/ von Aratum geackert/ und rutum geſchauffelt/ die letzte Sylbe in trum veraͤndert) weil es nach der Meinung Iſidori, im 16 Buch/ cap. 15. dem Geſicht/ wegen ſeiner Helligkeit/ durchſichtig iſt: dann man kan alles das jenige/ was man in andere Metalle gieſſet/ nicht von auſſen her ſehen; da hingegen alle Liqvores, und was nur im Glaß gehalten wird/zuſehen ſind/ gleich als ob ſie nicht im Glaß waͤren; und daher kommet es/ daß alle durchſichtige Coͤrper/ Glaͤſer genennet werden: Wie dann die Naturkuͤndiger uñ Poeten/ als Horatius, Ovidius, Boëthius, Apulejus, auch das Eyerweiß/ Meer/ die Fluͤſſe und Waſſer alſo benennen.
Das Glaß iſt eine Frucht von der wahren Feuer-Kunſt.
Solches iſt allerdings wahr: denn es iſt gantz und gar ein Werck der Kunſt/ und nicht der Natur/ kan auch ſonder groſſes Feuer nicht zu wege gebracht werden.
Jch hoͤrte einsmahls von einem wackern Kuͤnſtler/ im Schertz ſa-gen: daß die Glaßmacher-Kunſt/ die letzte unter allen Kuͤnſten in der gantzen Welt ſeyn wuͤrde; denn/ ſagte er/ wann GOtt dieſes gantze Weltgebaͤu/ durch Gewalt des Feuers verzehren wird/ ſo wird alles zu Glaß werden; und ſolches muͤſte/ wegen der vermuthlichen Zuſammen-miſchung des Saltzes und Sandes/ oder Steine/ vernuͤnfftig alſo zu re-den/ ſonder Zweiffel erfolgen.
Das Glaß kommet dem Geſchlecht aller Mineralien am nechſten.
Jch befinde/ daß die Autores das Glaß unter eine gewiſſe Geſchlecht-Art zu bringen/ unterſchiedlicher Meinung ſind: Agricola im andern Buch von den Metallen/ haͤlt es vor einen zuſammengefloſſenen Berg-ſafft; Vincentius Bellovacenſis im 11. Buch/ vor einen Stein: Fallopi-us zehlet es unter die mittel Mineralien: der Glaß-Kuͤnſtler nennet ſol-ches/ wanns in den Fluß gekommen/ ein Metall.
Es iſt aber nach meinẽ Beduͤncken keines von dieſem; ſolches beweiſet dieſer allgemeine Beweis grund gnugſam/ daß nemlich oberwehnte Ma-terien alle/ natuͤrlich gewachſene Coͤrper ſind/ da doch das Glaß durch Kunſt/ vermittels des Feuers bereitet worden/ und nirgend/ gleichwie die andern natuͤrlichen Dinge/ in den unterſchiedlichen Hoͤlen angetrof-fen wird.
Derowegen/ gleich wie die Nahmen der kuͤnſtlichbereiteten Din-ge von den prædicamenten der Vernunfft-Kunſt ausgeſchloſſen werden/alſo iſt auch das Glaß von den oberwehnten Specien abzuſondern; und kan man ſolches eben ſo wenig ein Metall/ als ein Bier/ Maltz/ Leym/Ziegel und dergleichen heiſſen.
Es wird aber allhier Fallopius wieder einwerffen und fragen/ was denn diß fuͤr ein Glaß ſey/ davon wir reden? ob es das jenige ſey/ welches noch in ſeinen Berg-Adern/ und eigentlich nur ein Stein iſt; oder ob es das ſeye/ welches aus ſolchen Bergſteinen extrahiret und gereiniget wird? ſolches aber kan man weniger ein kuͤnſtlich-bereitetes Glaß/ als ein Metall nennen/ welches aus ſeiner Minera extrahiret/ und anietzo iſt gereiniget worden: dann ſo wir das Glas/ welches in dem erſten Stein iſt und ſtecket/ verſtehen/ ſo iſt es/ nachdeme es heraus gebracht/ eben ſo wenig natuͤrlich als ein Metall/ welches aus gedachten Steinen extrahiret werde. Hierauff gebe ich zur Antwort/ daß das Glas nir-gends auff ſolche Weis anzutreffen ſey/ ſondern nur Sand und Stei-ne/ als welche die Glasmaterien ſind.
Mit den Metallen hat es aber eine andere Beſchaffenheit/ indeme die Natur eine gewiſſe Art derſelben in ihren Berg-Adern gewuͤrcket/ ob ſie wohl zuweiln aus ſolchen Berg-Adern/ Erden und Steinen/ als in welchen die kleineſten metalliſchen Theile verborgen liegen/ vermittels der ſtarcken Feuers-Macht heraus geſchmeltzet werden; iedoch mit die-ſem Unterſcheid/ daß das Metall/ von der natuͤrlichen Macht des Feu-ers/ (als welche die gleichgenaturten Theil zuſam̃en ſamlet/ und hinge-gen die Ungleichen zerſtreuet) nur hervor gebracht oder vielmehr nur ent-decket worden; da ſich doch die Sache mit dem Glas viel anderſt verhaͤlt/als welches durch Vermiſchung und Vereinigung der unterſchiedlichen ſaltzicht- und ſandichten Theile bereitet wird.
Dieſes will Fallopius, welches eine wunderliche Sache iſt/ nicht geſtehen/ ſagend/ es werde das Glas nicht aus der Aſchen bereitet; noch hinbey fuͤgend/ daß zwar die Glasmacher/ die Aſchen/ ſo von Alexan-dria kommet/ zum Glasmachen gebrauchen/ ſolche aber nehmen ſie nur an ſtat des Salpeters/ welcher ſchon vor Alters im Gebrauch geweſen iſt/ und zwar allein zu dem Ende/ damit das Glas aus denen metalliſchen Steinen nur deſto beſſer moͤge exrrahiret werden; derowegen darff man nicht ſagen/ daß die Aſchen mit dem Metall darumb vermiſchet werde/ damit das Glas daraus werde; ſondern darumb wird es dazu gethan/damit das Glas deſto leichter aus den kleineſten Theilen des Steins/ das iſt/ aus ſeinen eigenen Metall extrahiret werde.
Allein/ dieſe ungereimte Meinung kan leichtlich widerleget wer-den: denn wann das Glas eintzig und allein aus dem Stein extrahiret wuͤrde/ ſo wuͤrde alsdann das Glas-Metall am Gewicht viel leichter als der Stein werdẽ; nun befindet ſich aber das Glas-Metall weit ſchwerer als der Stein; denn es geben 100. Pfund Sand mehr als 150. Metall.
Uber dieſes ſo iſt das Saltz/ welches zur Compoſition des Glaſes ge-nommen wird/ viel fixer/ als daß es koͤnte durch das ſtaͤrckſte Feuer ge-trennet werden: zu deme ſo kan man auch/ an den Fenſtern (ſo aus Fran-tzoͤſiſchen Glas bereitet) auff der/ gegen der Lufft ſtehenden Seiten/ eini-ſilber nicht ſchmeltzen/ noch unter den mittelmaͤßigen Mineralien das Auripigment: und obwohl der meiſte Theil der gedachten Specien zer-flieſſet; So laſſen ſich doch nur die Metallen haͤmmern/ nachdem ſie ziem-lich kalt worden ſind: denn wann ſie/ die Metallen ſehr erhitzet/ ſo hangen dero kleinſten Theile nicht an einander/ ſind auch nicht zaͤhe/ gleich ſie in dem Glaß ſind/ als welches/ ſo es recht erhitzt worden/ ſich mit ei-nem geringen Wind und Auffblaſen/ vermittels eines Blaßrohrs/ zu ei-ner cavitaͤt und mancherley Figuren/ veraͤndern laͤſſet; welches aber mit keinem andern/ von erwehnten Materien geſchehen kan.
Uber dieſes/ ſo zerflieſſen die geſchmoltzene Metallen hin und her/werden zu viel kleinen Kuͤgelein oder Koͤrnergen/ und geben eintzliche Stuͤcke; das geſchmoltzene Glaß aber laͤuffet. auff einen Hauffen zuſam-men/ wann es verſchuͤttet/ oder ſo in den Ofen die Toͤpffe zerbrochen ſind.
Dieſe/ des Glaſes dehnende und klebrichte Natur nun/ beduͤncket mich/ ſey diejenige Qvalitaͤt oder Eigenſchafft/ welche weſentlich unter-ſchieden iſt/ von allen andern/ auch denenjenigen Coͤrpern/ welchen man gleichfalls den Nahmen eines Glaſes beyzulegen pfleget; als da ſind das Vitrum Antimonii, das Moſcowitiſche Glaß/ die verglaſurten Zie-gel und andere Steine/ als welche alle dergleichen Prob nicht aushal-ten/ und ihre Benennung/ nicht ſo wohl von ihrer innerlichen Eigen-ſchafft und Natur/ als von ihren glaͤntzenden Schein empfangen ha-ben; auff Art/ gleichwie das Wort Vitriolum vom Vitro oder Glaß ſei-nen Nahmen hat.
Damit wir aber dieſer Vergleichung ein Ende machen/ als wol-len wir die Eigenſchafften des Glaſes hierbey ſetzen/ vermittels welchen es von allen andern Coͤrpern leichtlich zu unterſcheiden ſeyn wird.
1. Jſt es ein zuſammengeſetzter Coͤrper aus Saltz und Sand oder Steinen.
2. Durch Kunſt bereitet.
3. Schmeltzet es bey einem groſſen Feuer.
4. Wann es geſchmoltzen/ ſo iſts klebricht oder zaͤhe/ und haͤnget an einander.
5. Wird vom Feuer nicht verzehret.
6. Jſt des Feuers cuſſerſter Effect.
7. Wann es geſchmoltzen/ ſo haͤnget ſichs an das Eyſen.
8. Laͤſt ſich dehnen/ wanns wohl erhitzet worden/ und nimmt allerley Figuren an ſich: laͤſt ſich nicht haͤm-mern/ ſondern wird durch das Blaſen in eine Con-cavitaͤt geformieret.
9. Wann es ſehr duͤnne und nicht heis iſt/ ſo zerbrichts.
10. Wanns kalt iſt/ ſo laͤſt es ſich zermalmen; dahero un-ſer Spruͤchwort entſtanden: zerbrechlich wie ein Glaß.
11. Jſt es durchſichtig/ es ſey gleich kalt oder warm.
12. Laͤſt ſich beugen/ und wanns in Faden gezogen/ ſo hat es eine gleiche Bewegung.
13. Es zerſpringet von der Kaͤlte und feuchten Liqvore, in-ſonderheit wann ſolcher ſaltzicht/ und das Glaß geh-ling erhitzet wird.
14. Laͤſt ſich blos mit dem Diamant und Schmergel ſchneiden und arbeiten.
15. Jſt es/ gleich wie die andern Edelgeſteine/ durchſichtig und gefaͤrbt.
16. Wird im Aqva forti, Regis oder Mercurii nicht diſſolvi-ret.
17. Die ſauren Saͤffte/ und alle andere Dinge bekom̃en/von dem Glaß/ weder Farb/ Geſchmack/ oder an-dere Qvalitaͤt.
18. Es kan poliret oder geſchliffen werden.
19. Es verlieret/ durch vielfaͤltigen Gebrauch/ nichts von ſeinem Gewicht.
20. Es befoͤrdert den Fluß der andern Metallen/ und ma-chet ſolche geſchmeidiger.
21. Es nimmt allerley metalliſche Farben/ ſo wohl inner-lich als aͤuſſerlich an ſich/ dahero iſt es zu den Ge-
maͤhlen/ vor allen andern Dingen/ beqvem.
22. Es laͤſſet ſich/ vor allen andern Dingen in der gantzen Welt/ am beſten buͤgen.
23. Es fluͤſſet/ wird aber nicht calciniret.
24. Wann man Sommerszeit ein offenes Glaß mit Waſſer fuͤllet/ ſo ſetzen ſich außwendig/ ſo hoch das Waſſer gehet/ Waſſer-Troͤpfflein an: auch wird es von dem menſchlichen Athem ſcheinbarlich befeuchtet.
25. Wann man glaͤſerne Kuͤgelein einer Nus groß mit Qveckſilber anfuͤllet/ und ſolche ins Feuer wuͤrfft/ ſo zerſpringen ſie hin und her/ als ein gruͤner Glaß-tropffen/ und geben einen hellen und ſtarcken Laut/oder Gethoͤn von ſich.
26. Es nimmt keinen Geſchmack von Wein/ Bier oder an-dern Feuchtigkeiten an/ veraͤndert auch die Farbe nicht/ und roſtet auch nicht.
27. Es kan gleich denen Steinen und Metallen cæmenti-ret werden.
28. Ein Trinckglaß/ darein Waſſer gegoſſen/ ſo es mit dem Finger umb den Rand geſchicklich gerieben wird/giebet einen Muſicaliſchen Klang von ſich/ hoch oder niedrich/ nachdem viel oder wenig Waſſer darinnen/und macht das Waſſer in die Hoͤhe huͤpffen.
Des Glaſes Alterthum.
BEtreffend das Alterthum des Glaſes/ ſo fuͤhret ſolches unſer Au-tor aus dem 28. Capitel v. 17. des Jobs/ her/ allwo die Weißheit vom 15. biß zu dem 20. Verß/ mit dem auserleßneſten Sachen verglichen wird; in dem 17. Verß aber wird geſaget: und das Gold noch das Cry-ſtall oder Glaß/ mag ihr nicht verglichen werden; alſo ſetzets unſer Au-tor, folgend der gemeinen Lateiniſchen Verſion; gleich alſo haben es auch die 70. Dolmetſcher gegeben; ingleichen Hieronymus, Elias in ſeinem Nomenclatore, Pineda, wie auch die Zircher und Syriſche Bibel.
Die Arabiſche Uberſetzung aber gebrauchet das Wort Hyacinth; die Chaldeiſche hat das Wort Cryſtall; ſolchem folget Xantes, Arias-Montanus, Forſterus, und die Hebreer/ denen ſtimmet bey Nicetas, wie auch die Koͤnigliche Hiſpaniſche/ und Engliſche Uberſetzung/ Pagninus aus dem Rabbi Levi Kimchi nennets einen Stein/ der koͤſtlicher als Gold.
Jn dem Targo wird das Wort Spiegel gebrauchet; vielleicht darumb/ dieweiln dazumahln die Spiegel erſt neu erfunden/ und in ho-hen Werth waren/ auch aus einer koſtbaren Materia bereitet wurden: alſo hatsauch Münzerus in der Uberſetzung gegeben. Die Compluten-ſer nennen es ein Cryſtalliniſch Glaß; Vatablus, einen Beryll: Rabbi Abraham einen Diamant/ wie auch Rabbi Mardochai, Pagninus, Ca-jetanus; ingleichen die Jtalieniſche/ Spaniſche/ Frantzoͤſiſche/ Hollaͤn-diſche und Teutſche Verſion: Pineda gebrauchee das Wort Pyrop oder Carbunckel/ oder einen dergleichen ſchoͤnen und koͤſtlichen Edelgeſtrin: Es ſind aber alle dieſe Nahmen nur Benennungen eines eintzigen Edel-geſteins/ der/ wie unſer Vorfahren davor gehalten/ bey der Nacht leuchten ſoll/ ſolchen aber wird man heute allenthalben vergeblich ſu-chen: Die neuern Schreiber nehmen an ſtat dieſes leuchtenden Edelge-ſteins/ den Rubin.
Die Urſach des Unterſcheids unter den Auslegern iſt dieſe: dieweil das Hebreiſche Stammwort Zechuchih, entſpringet aus der Wurtzel Zachah/ welches ſo viel bedeutet/ als rein machen/ ſaͤubern/ leuchten/ weiß und durchſcheinend ſeyn. Eben dieſes Wort wird Exod. 30, v. 24. vom Rauchwerck gebrauchet/ und iſt von den 70. Dollmetſchern/ hell/ ge-geben worden.
Hieraus erhellet die mißſtimmige Dollmetſchung dieſes Textes; denn dieweil dieſes Wort alles dasjenige/ was durchſichtig und ſchoͤn iſt/ bedeutet; als haben es die Uberſetzer ſolchen Dingen zugeeignet/welche ſchoͤn/ koͤſtlich und in hohen Werth/ auch nach Erheiſchung des Textes und des Grundworts durchſichtig waren.
Nach meiner Meinung/ ſo wird allhier/ weder Diamant/ noch Carbunckel oder Hyacinth gemeinet; denn es wird ſolcher Steine/ bey dem Bruſtſchildlein Aaronis/ Exod. 28 gedacht; es befindet ſich aber obi-ges Wort nicht in ſolchen Capitel; ingleichen weder das Wort Glaß/noch Cryſtall; denn es waͤre ungereimbt/ daß ſolche Dinge von ſolgerin-gen Werthe ſolten in Vergleichung ſolcher Sachen kommen/ indeme das Glaß und Cryſtall von einer gemeinen und ſchlechten Materia her-kommet; dieſes aber ſoll etwas ungemeines ſeyn.
Ferner/ ſo ſcheinet es/ daß dieſes Wort nur zum Uberfluß dem Golde ſey beygefuͤget worden; denn es wird des Glaſes in dem gantzen Alten Teſtament niemahls/ hingegen aber in dem Neuen/ zum oͤfftern gedacht/ als bey dem Paulo/ Jacobo/ und in der Offenbahrung S. Jo-hannis.
Wer wolte nun glauben/ daß ein ſolches Ding/ welches zu vielerley Vergleichungen und Erlaͤuterungen beqvem iſt/ von der H. Schrifft/ als welche voller Wortzierlichkeiten in dergleichen Redarten iſt/ ſolte mit Stillſchweigen uͤbergangen werden; wann dergleichen Ding zur ſelben Zeit im Gebrauch geweſen waͤre.
Derowegen bin ich der Meinung/ und halte davor/ daß man daſ-ſelbe Wort in einen allgemeinen Verſtand annehmen muͤſſe; und nicht eben von dieſem oder jenen koſtbaren und durchſichtigen Dinge oder E-delgeſteine inſonderheit; ſondern es muͤſſe etwas weitlaͤufftiger/ nehm-lich auff alle dasjenige/ was beyde Eigenſchafften/ nemlich Koͤſtlich- und Durchſichtigkeit hat/ gezogen werden: Alleine ich komme hiemit zuweit vom Wege/ und wuͤrde endlich in eine frembde Ernde gerathen.
Es ſcheinet/ Ariſtophanes ſey der erſte geweſen/ der des Worts ὕαλος, (hyalos) welches wir Glaß nennen/ gedencket; denn er fuͤhret in ſeiner Comedia, genannt Nubes, act. 2. Scen. 1. den Sthrepſiadem ein/ wel-cher des Socratis ſpottet/ und eine neue Manier/ die alten Schulden zu bezahlen/ lehret; nehmlich/ wann man zwiſchen der Sonne/ und der Schuldverſchreibung oder Verklagbrieff/ einen ſchoͤnen und durchſich-tigen Stein legte; welchen Stein dazumahl die Salbenkraͤmer verkauff- ten/ und mit welchen man Feuer anzuͤnden kunte: denn alſo wuͤrde die Sonne/ die Buchſtaben des Schuld- oder Verklagbrieffs ausloͤſchen; ſolcher Stein wird vom Socrate ὕαλος, das iſt/ Glaß genennet.
Zu dieſem Wort ſetzet Scholiaſtes noch hinzu; daß die Salben-Kraͤmer/ ſo wohl Edelgeſtein/ als auch Artzney verkaufften.
Jngleichen ſo iſt auch das Wort κϱύος, ſo viel als Cryſtallus: daß dem Homero ſolcher Nahme unbekañt/ und hingegen an ſtatt deſſen das Wort Electrum, von Jhm und der Antiqvitaͤt ſey gebrauchet worden/ bezeuget gedachter Scholiaſtes am gemelten Ort/ da er unſer Glaß gant Worts Urſprung her von dem Woͤrtlein ὕειν, welches ſo viel iſt als reg- nen; und zwar wegen der Gleichniß/ die es wegen ſeiner durchſichtigen Conſiſtentz mit dem Eys hat/ welches ein gefrorner Regen oder Waſ- ſer iſt; und in ſolchem Verſtand leiten etliche das Wort Glaß à Glacie oder vom Eysglaß her.
Ariſtoteles hat von dem Glaß zwey Auffgaben; deren die erſte iſt/warumb man durch das Glas ſiehet? die andere/ warumb das Glaß nicht koͤnne gebogen werden: Dieſe Auffgaben/ wann ſie anderſt des Ariſto- telis ſind/ daran die Gelehrten zweiffeln/ ſind aus der Antiqvitaͤt die alleraͤlteſten Nachrichtungen/ vom Glaß; denn man wird ſonſten nir- gend/ bey keinem alten Griechiſchen Poeten oder Redner/ von dem Glaß einige Meldung oder Nachricht finden/ ob ſich ſolches ſchon ſehr wohl zu ihrem Vorhaben geſchicket haͤtte.
Hier iſt auch zu mercken der zweiffelhaffte Verſtand des Worts hyalos; denn wegen der Gleichheit wurde der Cryſtall alſo genennet/ wie oben aus dem Scholiaſte und aus dem Hugone Grotio angemercket wird: und Gorræus ſaget/ es waͤre eine gewiſſe/ gelbe und durchſichtige Art des Agſteins/ der durchſichtig gleich wie ein Glaß war/ von etlichen hyalos genennet worden: Der erſte unter den Grichen/ der ſonder al- len Zweiffel des Glaſes gedencket/ iſt Alexander Aphrodiſæus geweſen/ welcher alſo ſaget: die Farb/ ſo man durch ein Glaß anſiehet: und noch deutlicher im erſten Buch: die Glaͤſer/ ſaget er/ wann ſie im Winter jaͤhlings erhitzen/ ſo zerſpringen ſie: und abermahl: ein Glaßgeſchirr zer- brechen: der glaͤſern Trinckgeſchirr gedencket Lucianus gar weitlaͤuff- tig: Auch ſchreibet Plutarchus in den Sympoſiacis, daß das Feuer vom Tamarißken-Holtz/ zum Glaßmachen am beqvemſten ſey.
Daß die Egyptier der Glaßmacherkunſt erfahren geweſen/ iſt aus den Worten des Flavii Vopiſci zu erſehen/ wie ſolche vom Marcello Do- nato auff dieſe Weiſe angefuͤhret werden: Alexandria iſt eine wohl- vermoͤgende Stadt und fruchtbar/ in derſelbigen lebet niemand muͤßig; etliche blaſen Glaß/ und andere machen Papier: doch gedencket Kirche- rus in ſeinem Oedipo, da er von den Kuͤnſten der Egyptier handelt/ hier- von nichts: Unter den Lateiniſchen Poeten gedencket Lucretius des Glaſes am erſten/ deſſen Verſe/ weil ſie von der Durchſichtigkeit des Glaſes handeln/ ich allhier anfuͤhren will/ alſo lautend: Lib. 4. 602. 603.
"‒‒ ‒‒ niſi recta foramina tranant,
Qvalia ſunt Vitri ‒‒ ‒‒ ‒‒"
Und wiederum:
"Atqve aliud per ligna, aliud tranſire per aurum,
Argentoqve foras, aliud vitroqve meare."
im 6. Buch/ v. 98. 990.
Dergleichen thun auch alle nachfolgende Lateiniſche Poeten.
Es war dieſe Kunſt in America unbekannt/ wie auch in gantz Aſien/ ausgenommen in Sidon und China/ als welchen dieſe Kunſt gar ſpaͤt iſt bekannt worden; ſie bereiten aus dem Reys ein ſehr durchſichtiges/ jedoch gar gebrechliches Glaß/ welches keines wegs mit dem unſrigen/ ob es ihm wohl der aͤuſſerlichen Geſtalt nach ziemlich nahe kommt/ zu ver-gleichen iſt. Beſiehe den Sineſiſchen Atlas pag. 6.
Endlich damit wir dieſer Streitfrage ein Ende machen/ ſo iſt be-kannt und offenbar/ daß das Glaß vor Alters nicht unbekannt geweſen/auch daß die Wiſſenſchafft des Glaſes ja wohl ſo alt/ als das Topff-und Ziegelbrennen ſey: denn man kan kaum einen Ofen voll Ziegel oder Toͤpffe ausbrennen/ da nicht etliche Ziegel/ oder ein Theil von ſolcher Waar/ ſolten zu Glaß werden: dahero iſt auſſer allen Zweiffel/ daß das Glaß zur Zeit des Babyloniſchen Thurnbaues/ mit der Kunſt die Zie-gel zu machen/ zugleich erfunden und bekannt worden. Denn als die Kinder Jſrael gefaͤnglich gehalten wurden/ ſo war dieſes/ daß ſie die Zie-gel ſtreichen muſten/ ein groſſer Theil ihrer Dienſtbarkeit.
Und dieſer Art wird jenes gegrabene Glas geweſen ſeyn/ davon Ferrant. Imperatus im 25. Buch cap. 7. alſo ſchreibet: Es iſt unter der „Erden ein Glaß gleich den kuͤnſtlich-bereiteten gefunden worden/ an „ſolchen Oertern da groſſe Feuer entſtunden: ſolches Glas aber/ wann „es geſchlagen wurde/ gab kein Feuer von ſich; es ſind auch andere runde „Glasſtuͤcken/ gleich denen Feuerſteinen/ gefunden worden/ ſolche/ wann „ſie zerbrochen wurden/ glaͤntzeten/ waren auch etwas gruͤn und durch- „ſichtig/ gleich als ein Colophonium anzuſehen/ dieſe aber/ ſo man daran „ſchlug/ gaben nicht anders als der gemeine Feuerſtein/ Feuer von ſich: „jedoch waren ſie von dem gemeinen Feuerſtein noch unterſchieden/ ſo „wohl des Wachsthums/ darinnen der Feuerſtein was beſonders hat/ „als auch wegen des Glantzes/ und daß ſie ſich leichtlich zerſchmeltzen lieſ- „ſen/ welches eine ſonderbare Eigenſchafft des Glaſes iſt.
„ Von den gedachten Glaß-Stuͤcken waren etliche zerreiblich/ et-liche aber dicht und feſt: die zerbrechlichen oder zerreiblichen Stuͤcke/„ wann ſie ins Feuer kommen/ ſchwelleten auff/ wurden gleich wie ein„ weiſſer Bimſenſtein/ und nahmen hernach den Glantz eines kuͤnſtlich-be-„ reiteten Glaſes/ an ſich: die feſten/ gantzen/ und dichten Stuͤcke aber/„ die wurden im Feuer/ nach einer geringen Veraͤnderung aus der„ Schwaͤrtze/ zu einen kuͤnſtlich-bereiteten weiſſen Glaß.„
Dieſes gegrabene Glaß iſt von den Americanern bereitet wor-„ den/ daß ſie an ſtatt des Eyſens darmit ſchneiden und Breter bohren.„ So weit Imperatus.
Und vielleicht iſt das Stuͤck von ſolcher Art des Glaſes geweſen/ welches ich einsmahls zu S. Alban/ da vorzeiten der Roͤmer alte Wach-ſtaͤtte geweſen/ von einen alten Roͤmiſchen Ziegel abgebrochen habe: Dennes war an der Farb und Subſtantz/ unſerm heutigen Glaß gantz gleich.
Es iſt auch weder zu zweiffeln noch zu verwundern/ daß nicht der- gleichen Art des Glaſes/ oͤffter ſo wohl unter ihren (der Roͤmer) als un- ter unſern Ziegeln/ ſeye gefunden worden; denn ſie temperirten ihre Er- den/ die ſie zu den Ziegeln nahmen/ durch eine 2. jaͤhrige Digeſtion un- ter der Erden/ als wodurch die Arbeit deſto feſter und ſtaͤrcker wurde; zugeſchweigen/ daß ſie auch ihre Ziegeln ſtaͤrcker ausbrannten.
Und dieſe Glaßwerdung der Ziegel-Erden geſchicht nicht allein bey ihrer erſten Brennung/ ſondern/ gleichwie auch Imperatus angemercket/ von einem iedwedern groſſen Feuer/ dergleichen nemlich/ wie in den Kalch-uñ Toͤpffer-Oefen gebrauchet wird; dergleichen auch in Aſien und Africa/ von Alters her ſehr gebraͤuchlich iſt/ da ſich die meiſten Steine zu Glaß brennen.
Jch habe aber in der Ziegel-Huͤtten niemahls geſehen/ noch gehoͤ- ret/ daß ſich die Ziegelſtein/ von einem gemeinen Feuer zu Glas gebrañt haͤtten; denn ich halte dafuͤr/ daß dieſer Effect nur allein von dem Feuer/ mit welchen der rohe und ausgetrocknete Ziegel-Hauffen ausgekochet wird/ herkomme; und zwar auff Art eines Reverberation-Feuers/ in ſolchen Oefen/ da es verſchloſſen/ ſtarck und ſtetig kan erhalten werden: dieſes Glas auff ſolche Art bereitet/ dauret lang unter der Erden; unge- achtet Helmontius ſaget/ daß das Glaß/ innerhalb wenig Jahren/ unter der Erden auffgeloͤſet oder diſſolviret/ putreficiret/ und zu einen Waſ- ſer werde: ſolches iſt zwar von unſerm gemeinen weichen Cryſtall wahr/ nicht aber insgemein von allem Glaß.
Belangend die Art und Weiß/ das Glas zu machen/ wie ſolche von unſerm Authore angefuͤhret wird/ und von den Kauffleuten ſoll er- funden worden ſeyn/ kommet der Warheit nicht aͤhnlich/ denn die ſtete Verbrennung und Einaͤſcherung des Krautes Kali oder einer andern Materie/ weder bey den Egyptiern/ und Hiſpaniern/ noch bey uns/ nie- mahls dergleichen hervorgebracht hat/ ungeachtet ſolche Verbrennung in weit mehrerer Copie/ und mit ſtaͤrckern und langwierigern Feuer/ als bey den gedachten Kauffleuten geſchehen iſt; ja das ſtarcke Schmeltz- Feuer des Kalchofens ſelbſt/ kan ſolches nicht zu wege bringen: auch ha-ben es auff ſolche Art niemahls in acht nehmen moͤgen die Metallſchmel- tzer/ davon Tubalcain der erſte Erfinder geweſen/ noch die alten Feuer- kuͤnſtler/ welche doch die Metallen in ſehr heiſſen Oeſen/ und langwieri- gen Feuer gehalten haben.
Dergleichen Feuerkuͤnſtler ſind die Egyptiſchen Fuͤrſten/ die al-lererſten und aͤlteſten geweſen/ welche alle von Hermete Trismegiſto an/ dieſe Kunſt verſtanden/ und ſich auff die univerſal-Medicin geleget ha- ben; nicht aber auff die vermeinte Verwandlung der Metallen/ wie Kircherus ſolches in ſeinem Oedipo behaupten will.
Das Vorhaben nun der gedachten Metallſchmeltzer waͤre ver-geblich geweſen/ ſonder groſſes Feuer und Oeſen/ als welche doch offt- mals/ ſamt den Materialien/ zu einem Glaß werden geſchmoltzen ſeyn; erhellet alſo gnugſam aus dieſem/ was bißhero iſt geſaget worden/ daß zwar die Wiſſenſchafft des Glaſes ſehr alt/ die Glasmacherkunſt aber/ eine von den neuern Erfindungen ſeye/ und iſt nach Plinii Zeugnis im 36. Buch/ Cap. 26. Sidon der erſte Ort geweſen/ welcher wegen dieſer Kunſt/ und den Glaßofen beruͤhmet geweſen iſt: Gleich wie auch Tibe- rius unter den Roͤmern der erſte war/ zu deſſen Zeiten laut der Hiſtorien/ Glaß bereitet wurde/ wie aus der Geſchichte deßjenigen zu erſehen/ von welchen Plinius erzehlet/ daß einer deßwegen umbgebracht wurde/ die- weil er das Glas alſo bereitete/ daß mans haͤmmern koͤnte; davon her- nach ein mehrers.
Vom Gebrauch des Glaſes.
Es werden zu dem Hausweſen aus dem Glaß mancherley Geſchirr/ von unterſchiedlicher Farb und Groͤß/ verfertiget: als da ſind flache und zugeſpitzte Becher/ gantz oder nur zum Theil gefaͤrbet; dienende zum Reiniſchen und Spaniſchen Wein/ zum Claret oder Bier: Jngleichen Flaſchen und andere Geſchirr/ darinnen man Wein/ Bier/ Spiritus.
Oehl oder Pulver auffbehalten/ und in welchen man die Durchſichtig-keit der Liqvorum, derſelben Guͤte/ Jaͤhrung/ Scheidung und andere Verwunderungsſachen ſehen kan/ welche mit der Zeit von der Natur in denſelben gewuͤrcket werden.
Uber dieſes werden bereitet Naͤpffe oder Schalen/ warme Spei-ſe darinnen auffzuheben; Stund-und-Zeit Glaͤſer/ Glaͤtte-Glaͤſer/ das leinerne Geraͤthe zu glaͤtten: Zierglaͤſer/ die Ramen und Studier-Stu-ben damit zu zieren; Fenſter/ die Kaͤlte und den Regen auffzuhalten/ und dadurch das Liecht in die Gemaͤcher zu leiten.
Jtem/ wann das Glas gefaͤrbet/ ſo theilet es allen Dingen/ die der Sonn entgegen ſtehen/ ſeine Farbe mit: Endlich verfertiget man auch aus dem Glas/ die Spiegel-Glaͤſer/ als mit welchen Narciſſus und ſeine Nachfolger ſich beluſtigen und gerne damit umbgehen.
Jn der Naturkuͤndigung hat man vor die alten Leute erhabene Geſicht-Glaͤſer/ und hohlgeſchlieffene fuͤr die Bloͤdſehende/ welche alle Dinge gantz nahe vor die Augen halten muͤſſen; hierzu ſind auch noch zu rechnen/ die Schrepff-und Laß-Koͤpff/ die Harnglaͤſer/ die Auſſaug Huͤt- lein zu den Weiber-Bruͤſten/ die Præſervativ-Bruͤllen/ welche die Kunſt-ſtecher/ Siegelgraͤber und Jubilirer zu kleinen und accuraten Sachen gebrauchen/ auch andere kuͤnſtliche Sehglaͤſer/ mit welchen man zur Luſt oder Zierde/ die Objecta verkleinern kan/ item vergroͤſſern/ ent-fernen/ vervielfaͤltigen/ und ihre Geſtalten und Poſiturn mannigfaͤltig veraͤndern/ durch welche Veraͤnderungen/ bey dem Unwiſſenden eine Furcht und Beſtuͤrtzung verurſachet wird; Wie an den Geſicht-und Spiegelglaͤſern/ Brennſpiegeln/ Bilderſpiegeln/ Perſpectiven/ und Tubis zu ſehen iſt; deren eine ziemliche Anzahl von ſehr viel raren und verwunderlichen Spiegeln/ Caſpar Schottus, aus dem Kirchero, Porta und andern dergleichen Schreibern/ zuſammengeleſen und mitgetheilet hat.
Was fuͤr Seltzamkeiten und Wunder-wuͤrdige Sachen ſind nicht in der Sternkunſt/ vermittels der Fernglaͤſer entdecket worden? Und zwar derjenigen Fernglaͤſer/ welche Galilæus de Galilæis, oder Scheinerus (denn hierum ſind die Sternſeher unter einander uneinig) erſunden hat; und welche von Paulo Nealio, (der eine Zierde der Engli-ſchen Nation) wie auch von dem hochgelehrten Hugenio, von dem unver-gleichlichen Hevelio und dem beruͤhmten Roͤmer Euſtachio, ſehr ſind verbeſſert und befoͤrdert worden; deren Gebrauch die Sternſehkunſt warhafftig erleichtert hat/ in taͤglicher Entdeckung der neuen Stern und
Kreiſen/ welche vor Alters gaͤntzlich unbekannt waren; zu geſchweigen des Nutzens/ welchen die Schiffleute/ Soldaten/ und andere Perſo-nen/ in Erkennung und Unterſcheidung der weitentfernten Sachen/davon haben: hierzu ſchicket ſich jene glaͤſerne Weltkugel/ von welcher derPoet Claudianus das ſinnreiche Epigramma geſchrieben hinterlaſſen:
"
Jupiter in parvo cum cerneret æthera vitro,
Riſit & ad ſuperos talia dicta dedit:
Huccine mortalis progreſſa potentia curæ?
Jam meus in fragili luditur orbe labor.
Jura poli, rerumqve fidem, legemqve virorum
Ecce Syracuſius tranſtulit arte ſenex.
Incluſus variis famulatur Spiritus aſtris,
Et vivum certis motibus urget opus.
Percurrit proprium mentitus ſignifer annum,
Et ſimulata novo Cynthia menſe redit.
Jamqve ſuum volvens audax induſtria mundum,
Gaudet, & humana ſydera mente regit.
Qvid falſo inſontem tonitru Salmonea miror?
Æmula naturæparvareperta manus.
"
Welches nach der teutſchen Reim-Kunſt ungefehr alſo lautet:
"
Als Jupiter den Stand/ der ungezehlten Sterne
Auff ein gebraͤchlich Glaß ſich richtig eingeritzt/
Sprach lachende ſein Mund zum Goͤttern in der Ferne:
Wie iſt der Menſchen Witz ſo hoch ans Bret geſetzt.
Mein wichtig Haͤnde-Werck wird nichtig nun gehalten/
Jndem ein rundes Glaß ſchon ſeines gleichen hegt.
Der Angel-ſtete Lauf/ iſt auch von dieſen Alten
Den Syracuſe ehrt/ gantz kuͤnſtlich eingepraͤgt.
Ein ein-verſchloßner Geiſt gibt iedem Sterne Leben/
Und treibt mit rechten Trieb das ſchon beſeelte Weꝛck:
"
Der Monde kan auch hier die neue Monat geben/
Die Sonne macht das Jahr. Es zeiget ſein[e] Staͤrck
Der hocherleuchte Geiſt/ ſo dieſe Welt regieret/
Ja ſelbſt das Firmament/ das ferner ihm entfernt.
Nun/ weil die Hand verricht/ was der Natur gebuͤhret;
Was Wunder/ daß man mir den Doñer abgelernt?
Die Urſach/ warumb wir davor halten/ daß dieſe des Archimedis Welt-Kugel von Glas geweſen ſey/ zeiget Cardanus in ſeinem Buch de Subti-litate weitlaͤufftig an.
Es hat auch uͤber dieſes die Lehr von der Reflexion und Refraction, ſo vermittels der Kunſtglaͤſer obſerviret werden/ in der Philoſophie ſehr wohl gedienet/ umb die Wuͤrckungen und Eigenſchafften/ der Lufft/des Waſſers/ und anderer Liqvoren/ auch ihre mancherley Bewegun-gen in den Roͤhren/ Phiolen oder Wetterglaͤſern zu erfinden: ingleichen die Experimenten des Vacui mit dem Qveckſilber/ wie auch noch un-zehlich viel andere Experimenta, der Ausbreitung und Zuſammenpreſ-ſung der Lufft/ in den Wetterglaͤſern/ Waſſer-und Wind-Kuͤnſten/ in den Florentiniſchen/ Romaniſchen und Magdeburgiſchen Experimen-ten. Davon Herr Robert Boyle Anlaß genommen zu ſeiner raren Invention, vermittels welcher er ſo viel herrliche Concluſiones oder Fol-gerungen erweiſet/ und ſo viel ſonderbare Experimenta erfunden/ durch welche Er beruͤhmt worden iſt bey ſeiner gantzen Nation, wie auch bey allen auslaͤndiſchen Abgeſandten/ und denen benachtbarten gelehrten Leuten.
Allhier ſind auch die Bre[n]nſpiegel nicht zu vergeſſen; ingleichen die Linſenglaͤſer/ vermittels welcher man das Licht in ein finſter Gemach fallen laͤſſet/ aus welchen Plempius und Scheinerus die eigentliche Na- tur des Sehens erwieſen haben; gleichwie auch Renatus Carteſius die Gebaͤhrung des Regen-Bogens mit andern Glaͤſern gezeiget hat.
Auch muß man allhier der Roſenkraͤntze/ der Halsgehaͤnge/ und anderer dergleichen Zierrathen nicht vergeſſen/ als welche uns aus Gvi-nea eine groſſe Menge Goldes zu wege bringen; dieweil die Jnnwohner deſſelbigen Orts/ die Naſen/ Ohren/ Lefftzen und Beine mit dergleichen glaͤſeren Schmuck zu behaͤngen pflegen: alſo hilfft auch das Glas unſe-re Haͤuſer und Kirchen zieren/ indem dergleichen Glaͤſer/ ſo wohl mit natuͤrlichen als kuͤnſtlichen Sachen/ und mit den allerherrlichſten Ori-entaliſchen Farben/ nach dem Leben abgemahlet und bezieret ſind: den Schluß hiervon wollen wir mit dem Priſmate oder dreyeckichten Glas machen/ welches ins gemein das Narren-Paradies genennet wird/ und werth iſt/ von denẽ Gelehrten unterſuchet zu werden; dieſes Glas repræ-ſentiret eine ſo lebhaffte rothe/ blaue und gruͤne Farb/ daß ſie mit andern Farben nicht moͤgen verglichen werden.
Jch will nur aus dem Trigaultio erzehlen/ wie hoch dieſes Glas bey den klugen Sineſern im Werth gehalten worden; Der Jeſuit Riccius lag in einer Sineſiſchen Stadt/ Tanian gefaͤhrlich kranck darnieder; ein „Chineſer aber/ ſo ſein guter Freund und Chiutaiſo genannt/ wartete „ſeiner ſo fleißig/ daß er innerhalb Monats-Friſt/ ſo lang er ſich allda „auffhielte/ wiederum zu ſeinen vorigen Kraͤfften kam/ alſo/ daß ihm „duͤnckte/ er waͤre niemals geſuͤnder geweſen; dieſe/ ſeines Freundes „Muͤhwaltung und Hoͤfligkeit/ belohnete unter andern Riccius mit ei- „nem dergleichen dreyeckichten Glas oder priſmate, an welchem er ich „ſonderlich beluſtigte/ und damit er ſolches Glaß noch mehr beehrte/ faſte „ers an beyden Enden mit einer guͤldenen Ketten an/ und legte es in ein „ſilbern Kaͤſtgen/ fuͤgte auch eine herrliche Lobſchrifft darzu/ darinnen
„er erweiſen wolte/ es waͤre dieſes Glas ein Stuͤck daraus der Himmel
„beſtuͤnde: Durch dieſe Zierrathen des Glaſes/ wurden ihrer ſehr viel
„angelocket/ und wie gemeldet wird/ ſo hat ſich kurtz hierauff einer ge-
„funden/ welcher 50 Gold-Kronen dafuͤr zu geben geboten; der Chiutai-
„ſo aber wolte es umb ſolches Geld nicht weg laſſen/ und zwar fuͤrnehm-
„lich darumb/ dieweil er wuſte/ daß dergleichen Glas dem Koͤnig ſolte
„verchret werden; befuͤrchtete ſich derowegen/ es moͤchte ſolches deꝛ Kaͤuf-
„fer dem Koͤnig uͤberſenden/ und alſo dem Herrn Riccio fuͤrkommen:
„Nachdeme er aber erfahren/ daß dem Koͤnig dergleichen ſchon uͤber-
„reichet und verehret worden/ hat er den Preiß noch etwas geſteigert/
„und ſolches verkaufft; auff dieſe Weiß hat er ſich von vielen Schulden
„los gemachet/ und ſich ihme die Societaͤt der Jeſuiten verpflichtet.
Was die Haͤmmerung des Glaſes betrifft/ darauff die Chymiſten
die Muͤglichkeit ihres Elixirs bauen/ die hat zum/ wiewohl ſchwachen/
Fundament/ die Worte des Plinii im 36. Buch/ cap. 26. da er alſo ſetzet;
„Manſaget/ daß unter dem Kaͤyſer Tiberio, ein ſolches Temperament
„vom Glas ſey erfunden worden/ daß es ſich ohne Feuer habe biegen
„laſſen; es ſey aber deßwegen die gantze Werckſtat deſſelbigen Kuͤnſtlers
„ruiniret und eingeriſſen worden/ damit der Preiß vom Kupffer/ Silber
und Goldmetallen nicht geringert wuͤrde; Und dieſe Rede hat eine lange
Zeit/ doch ohne gewiſſen Grund gewaͤhret.
Dieſer Plinius hat gelebet zur Zeit des Kaͤyſers Veſpaſiani, wel-cher nach dem Tiberio der dritte geweſen; daß es alſo ſcheinet/ es habe dieſe Sage lang gedauret.
Solches erzehlen auch andere mehr/ nach dem Plinio, iedoch kom-
men ſie nicht gaͤntzlich mit ihm uͤberein: Dion Caſſius im 57. Buch ſaget:
Zu der Zeit/ als ſich zu Rom ein groſſer Schwiebogen auff eine Seiten„
ſenckte/ ſo hat ſolchen ein Baumeiſter (deſſen Nahmen man nicht weiß/„
dieweil der Kaͤyſer aus Neyd verboten hatte/ ſolchen in die Buͤcher zu„
bringen) auff eine wunderſame Manier wiederum auffgerichtet/ und„
den Grund zu beyden Seiten alſo befeſtiget/ daß er unbeweglich geſtan-„
den: Solchen hat der Tiberius, nachdem er ihn ausgezahlet/ aus der„
Stadt weiſen laſſen; der Kuͤnſtler aber kam wieder zuruͤck; Und als er„
zu dem Tiberio gieng/ und um Gnad bitten wollen/ hat er mit Fleiß einen„
glaͤſern Becher auff die Erden fallen und zerbrechen laſſen/ hat aber ſol-
chen alſobald wiederumb mit ſeinen Haͤnden gantz gemacht/ der Hoff-„
nung/ er wuͤrde dadurch Gnade erlangen/ allein er muſte deßwegen ſein„
Leben hergeben.
Iſidorus bekraͤfftiget dieſes/ alſo ſagend: der Kaͤyſer haͤtte ſelbſt den glaͤſern Becher/ aus Zorn wider den Boden geſchmiſſen/ welcher alſo zerkruͤpelt/ und gleich einem Kupffer ſich zuſammen gebogen/ der Kuͤnſtler aber mit ſeinem Haͤmmerlein/ welches er im Buſen hatte/ wiederum aus-richtete; darauff habe der Kaͤyſer gefraget/ ob ſonſt noch iemand Wiſ-ſenſchafft von dieſer Kunſt haͤtte? und als der Kuͤnſtler mit Nein geant-wortet/ auch ſolches mit einem Eyd betheuret/ ſey ihme/ auff Befehl des Kaͤyſers/der Kopff abgeſchlagen worden; damit nicht/ wann dieſe Kunſt gemein wuͤrde/ das Gold fuͤr Koth geachtet/ und alle andere Metallen geringſchaͤtzig wuͤrden.
Und gewiß/ wann die Glaͤſer nicht ſo zerbrechlich waͤren/ ſie waͤren dem Silber und Gold weit fuͤrzuziehen. Pancirolus, betreffend die Haͤmmerung des Glaſes/ folget der anſehnlichen Autoritaͤt/ der ange-zogenen obigen dreyen Authorum: ſolches thun ingleichen auch andere/welche es aber nur von Hoͤren-Sagen referiren.
Allein Matheſius, Goclenius, Valenſis, Libavius, und der gantze Chymiſche Hauffe/ wollen ſolches ungeſcheuet behaupten/ daß es/ durch Krafft des Elixirs geſchehen ſeye; Dieſe aber moͤgen kuͤhnlich behaupten/ was ſie wollen; ſo ſetzet doch Plinius in Erzehlung dieſer Hiſtoria binzu/ erſtlich/ man ſaget/ zweytens/ es iſt die Rede/ drittens/ es ſey zwar viel Redens/ aber wenig Grund davon: welche dreyfache Redensart genug-ſam an den Tag giebet/ wie wenig Glauben er ſelbſt dieſer Hiſtoria bey-gemeſſen.
Es waͤre genug geweſen/ wann er bey dieſer/ nicht gar zu glaub-wuͤrdigen Erzehlung/ ſeine Authoritaͤt zu ſalviren/ nur dieſe allgemeine Art zu reden/ man ſaget/ hinzu geſetzet haͤtte/ ſo ſaget er uͤber dieſes noch fuͤr ſich/ daß dieſe Rede zwar lange gewaͤhre ꝛc. Aus welchen Worten klar erhellet/ daß zwar/ wann man dem euſſerlichen Anſehen nachgehet/ von etlichen einiger Glaube dieſer Hiſtoria beygemeſſen wor-den/ ſolches aber nicht von klugen Leuten/ ſo man dem eigentlichen Wortverſtand nachgehen will; denn was kan man wohl aus den Wor-ten/ man ſaget/ fuͤr eine ungewiſſe Reden/ oder etwas anders/ als des erzehlenden Mißtrauen/ ſchlieſſen? Solches war auch nur eine gemei-ne Sage/ denn es wird ſolches/ weder von einem Naturkuͤndiger/ noch Poeten oder Hiſtorienſchreiber erzehlet; es gedencket niemand der Per-ſon/ und/ welches ein Wunder iſt/ noch weniger der ungewoͤhnlichen Straff/ da doch deroſelben Buͤcher voll Anmerckungen/ von ſeltzamen Begebenheiten ſind.
Solte auch wohl iemand der Warheit gemaͤß achten/ daß der Kaͤy-ſer ſelbſt nicht ſolte dieſer Kunſt nachgeſtrebet/ und ſolche nebenſt an-dern Cantzlen-Archiven ſeinen Succeſſoribus hinterlaſſen haben/ als ein ſehr merckwuͤrdiges Stuͤck/ dergleichen in der gantzen Welt nicht ge-funden worden/ noch vielleicht iemahls moͤchte gefunden werden/ nach-dem der Kuͤnſtler getoͤdtet? Und ſolte dieſe gantz ungewoͤhnliche Erfin-dung/ und die unerhoͤrte Straffe in ſo wenig Jahren unter dem eini-gen Wort/ man ſaget/ gantz und gar verloſchen ſeyn?
Jſt derowegen ſolches nur des gemeinen Volckes Rede geweſen/und zwar des Roͤmiſchen/ auch der Neroniſchen Grauſamkeit beyzu-meſſen/ welche gar leicht dieſe Fabel behaupten koͤnte. Aus was Urſach aber hat es der Plinius erzehlet? Gewiß nur darumb/ damit er ſeinem Wohlgefallen nachlebte/ welches (wie ſein Enckel in ſeinem Sendſchrei-ben/ und auch diß ſein Werck ſelbſten bezeugen) eintzig dahin ziehlte/ daß er alles zuſammen ſchrieb/ was beydes in der Kunſt und Natur ſeltzam waren. Vielleicht hat er auch ſolches darumb erzehlet/ damit er das Lob und die Erfindung eines frembden Dinges (als welches ſeinem Gutduͤn-cken nach nicht unmoͤglich/ ſondern dermahleins werckſtellig zu machen ware) ſeiner Nation zuſchreiben moͤchte.
Ferner/ ſo iſt diß Temperament nicht anders geweſen/ als daß das Glaß haͤtte koͤnnen gebogen werden: Und wer wolte glauben/ daß die Nachkoͤmmlinge ſolten ſo unachtſam geweſen ſeyn/ in einem Ding/ wel-ches ſo allgemein im Gebrauch iſt/ und zu deſſen Bereitung nicht mehr als zwey Materialien erſordert werden.
Und was ſoll das Gericht bedeuten/ wann es von Verringerung des Goldes und Silbers redet; ich ſehe nichts/ daß dem Kaͤyſer unan-ſtaͤndig oder dem Werth des Silbers und Goldes ſolte zugegen ſeyn; vielmehr befinde ich/ daß es ſehr nuͤtzlich ſolte geweſen ſeyn/ in den Wor-ren aber des Kaͤyſers erſehe ich keine Folge. Und ſo viel von dem Zeugniß des Plinii.
Aber was koͤnnen jene/ welche ſolches von dem Plinio entlehnet/ zu dieſer Sach ein mehrers/ als die Authoritaͤt des erſten Erzehlers/ hinzu thun? Jn Warheit nichts! inſonderheit da ſie dem Text des Plinii eine ſolche Auslegung angedichtet/ die mit demſelben nicht uͤbereinſtimmet/ und habens durch ihren Zuſatz in eine foͤrmliche und vollſtaͤndige Erzeh-lung bringen wollen: Plinius ſaget/ damit ſich das Glas biegen ließ; des Dionis Zuſatz uͤber ſolche Wort/ iſt: der Kuͤnſtler haͤtte das zerbrochene Glaß wiederum gantz gemachet; welches zur Haͤmmerung der erſte Grad iſt: Uberdiß iſt noch des Iſidori Zugab/ ſagend/ ſolches zerbrochene Glas ſey mit dem Haͤmmer wiederum ausgerichtet worden: Hieraus iſt nun zu erſehen/ auff was Manier ſolche Meinung an uns gelanget/ und mit was wunderbarer Veraͤnderung und Auslegung ſolches geſchehen ſey/ damit es denen Nachkoͤmmlingen moͤchte wahrſcheinlich fuͤrkom-men.
Das jenige/ was Plinius vom Hoͤrenſagen erzehlet/ und ſein Ur-theil wegen der Ungewißheit darbey fuͤget/ das laſſen dieſe Chymici aus/ damit ſie ihre Meinung von dem allmaͤchtigen Stein der Weiſen be- ſchuͤtzen/ verkehrend die Flexibilitaͤt des Plinii, und machen ſolche zur Malleabilitaͤt oder Haͤmmerung des Glaſes/ als wann zwiſchen dem Biegen und Haͤmmern kein Unterſchied waͤre; da doch alle Coͤrper auff eine gewiſſe Weiß ſich biegen/ mit nichten aber ſich haͤmmern laſſen; aus- genommen die Metallen: Die Stuͤcke von dem gemeinen Moſcowiti- tiſchen Glas/ und dergleichen unzehlich viel ander laſſen ſich zwar biegen/ aber nicht haͤmmern/ oder mit dem Hammer tractiren/ auch kan man keine duͤnne Blech/ gleichwie aus denen Sachen/ welche ſich ſchmieden laſſen/ daraus bereiten; Ja das Glas/ wie es an ſich ſelber iſt/ laͤſſet ſich natuͤrlicher Weiß in gewiſſen Grad biegen/ denn die ſehr duͤnnen Cry-
ſtallinene Glaͤſer/ wann ſie gebuͤhrlich erwaͤrmen/ werden ein wenig/ je-doch ſichtbarlich gebogen; ich habe glaͤſerne Roͤhren von 12. und mehr Schue lang gehabt/ zu dem Experiment des Mercurii gehoͤrig/ dieſe/ wann ſie mit Qveckſilber angefuͤllet/ wurden ein merckliches gebogen; Dahero bin ich der Meinung/ im Fall ja an der Erzehlung des Plinii et-was warhafftiges ſeyn ſolte/ daß ſolches daher komme/ daß/ nachdeme zu des Plinii Zeiten (da das Glas annoch ſehr zerbrechlich/ und von dem allergeringſten Dinge leichtlich kunte verletzet werden/ dieweil es von Salpeter bereitet; denn dazumal war die Kunſt das Glas auszugluͤen/ davon Plinius nichts meldet/ noch unbekannt) ſich habe ein Kuͤnſt- ler hervorgethan/ welcher vermittels des Krautes Kali oder Alkali und der Ausgluͤung/ ein Glas erfunden habe/ das dauerhafftiger und ſtaͤrcker als das erſte war/ auch auff gewiſſe Art einen Stos/ und etwas mehrers/ als das vorige/ ertragen oder er-dulten koͤnne. Solches hat vielleicht der Famæ Anlas gegeben (welche ohne diß/ wie Virgilius ſaget/ die Sachen/ ſo erſtlich klein/ bald erhebet und in alle Welt ausſtreuet) daß ſie/ nehmlich dieſe Sage mit Zuſetzung einiger Umbſtaͤnde/ wie es gemeiniglich zu geſchehen pfleget/ in diejenige Hiſtoriam, welche Plinius erzehlet/ verwandelte und transformirte.
Betreffend nun die Muͤglichkeit das Glas zu bereiten/ daß es ſich haͤmmern laſſe/ ſo befinde ich bey dieſer Sach keinen andern Beweiß-Grund/ als der Chymicorum Relation, welche ſolch ihr Vernunfft-Ge-baͤud gleichſam Circulweis/ nemlich vom Elixir auffs Glas/und von die-ſem wieder auff jenes gruͤnden; Allein es wird vielleicht eines leichter als das andere zu machen ſeyn: denn das Elixir zu bereiten/ ſo wird noth-wendig erfordert/ daß es komme aus einem Ding/ welches zwar an ſich ſelbſt dem Elixir nicht gleich iſt/ unangeſehen/ daß ſolches in der Mate-ria ſeyn muß/ daraus es kommen ſoll.
Mit dem Glas aber hat es eine andere Beſchaffenheit; denn das Glas iſt unter allen Dingen/ von Natur das allergebrechlichſte: ſoll nun ſolches/ daß es ſich haͤmmern laſſe/ bereitet werden/ ſo wird noth-wendig erfordet/ daß ihme eine Qvalitaͤt/ die derſelben Natur contrar iſt/ eingefuͤhret werde.
Uber dieſes ſo iſt ja nichts/ welches ſich haͤmmern laͤſſet/ durchſich-tig: und wer wuͤrde dasjenige/ welches nicht durchſichtig iſt/ ein Glas nennen? Fuͤrwar man wuͤrde mit eben dieſen Fug alles das jenige koͤn-nen Gold heiſſen/ was gewichtig iſt/ und ſich doch nicht haͤmmern laͤſt/als man dasjenige Glas heiſſen wolte/ welches ſich haͤmmern ließ/ aber nicht durchſichtig waͤre.
Hierzu kommet noch/ daß die Natur und Eigenſchafft des Haͤm-merns beſtehe/ in der genauen Zuſammenhaltung der Theile/ und in der Vermoͤgenheit allerley Geſtalten/ nach den kleineſten Theilen anzuneh-men; welches mit der Natur des Glaſes nicht uͤbereinſtimmet: Denn es haben die Materialien des Glaſes/ nemlich Saltz und Sand/ eine ſolche Geſtalt/ welche zu einer ſolchen feſten Verknuͤpffung untuͤchtig ſind: Das Saltz hat fuͤr allen andern Dingen ſeine eigentliche und um-ſchrenckte Figur oder Geſtalt/ welche es auch unveraͤnderlich behaͤlt/ un-geachtet mans ſolviret oder im Feuer tractiret/ es waͤre denn/ daß es gantz und gar deſtruiret wuͤrde/ welches man mit vielen Beweißgruͤn-den behaupten koͤnte.
Solche Figur oder Geſtaͤlt iſt alsdann mancherley/ je/ nachdem das Saltz iſt: der Salpeter und ein iedes Alkoliſirtes Saltz iſt eckicht/ und weil ſolches eckicht/ und als eine Pyramide ſpitzig iſt/ ſo ſcheinet es/ als ob ſolches von unzehligen vielen ſpitzigen Nadeln beſtuͤnde. Die Geſtalt oder Figur des Sandes iſt auch mancherley/ ja/ wie man durch die Vergroͤſ-ſerungs-Glaͤſer obſerviret/ faſt unendlich: Wer wolte ſich wol anietzo be-reden/ daß dieſe groſſe Mannigfaltigkeit dergeſtalt in dem Sande/ ſich ſo eigentlich und genau zu der determinirten Geſtalt des Glaſes ſchicken ſol-te/ daß ſie ſich beyde in den allerkleineſten Theilon vereinigten/ und an einander hingen/ welches aber/ die Haͤmmerung werckſtellig zu machen/nothwendig erfordert wird; da es im Gegentheil das Glas zu bereiten genug iſt/ wann die Theile des Saltzes und Sandes/ſich nur in dieſem oder jenem Punct/ an einander beruͤhren/ aus welchen Befaſſen eine ſolche Vereinigung geſchiehet/ die da erlanget die Form eines Glaſes/und aber zum Haͤmmern gantz und gar untuͤchtig iſt.
Es ſind auch von dieſer Vereinigung in dem Glas ſolche Durch-gaͤnge/ durch deſſen Vermittelung/ wie wir von dem Lucretio erlernet haben/ die Durchſichtigkeit herkommet.
Uber dieſes/ ſo iſt und bleibet/ gleich wie wir vorhero ſchon erweh-net haben/ ein iedes Ding in ſeiner Zuſammenſetzung dasjenige/ was es zuvor war. Derohalben will ich dieſe Sache beſchlieſſen/ und ſagen was meine Meinuug ſey: nemlich/ ich halte darfuͤr/ ſolcher Effect von der Haͤmmerung des Glaſes ſey nur eintzig und allein von dem Elixir zu hof-fen/ dieſe beyde Stuͤcke aber werden zu gleicher Zeit mit einander an das Tage-Licht kommen.
Von denen Oefen.
Ehe und bevor wir zu der Kunſt ſelber ſchreiten/ ſo wird nothwen-dig ſeyn/ daß wir von denen Formen oder Geſtalten der Oefen einige Anzeigung thun; ingleichen auch von dem fuͤrnehmſten Werckzeug; item von der Art und Weis/ wie man die verfertigte Glas-Metallen verar-beiten ſoll; welches von unſerm Autore ausgelaſſen worden/ da es doch zu wiſſen auch ſehr nothwendig iſt.
Die Oefen nun werden bey dem Agricola, zu Ende ſeines Buchs von Metalliſchen Sachen/ in drey Sorten abgetheilet; Der erſte wird der Kalch-oder Calcinir-Ofen geheiſſen/ dieſer iſt gleichwie ein ander Ofen gebauet/ in der Laͤng 10. Schuhe/ und 7. Schuh breit/ wann er ſehr weit iſt/ auch 2. Schuh in die Tieffe; auff der einen Seiten hat er inwen-dig einen viereckichten Graben/ von ungefehr 6. Zoll; deſſen oberer Theil mit der Flaͤche des Ofens/ in gleicher ebene lieget/ und wird von ſolcher Ofen-Flaͤche/ nahe beym Ofen-Loch/ in einer Weite/ von ungefehr 10. Zoll/ unterſchieden: in dieſen Graben werden die Koblen gethan/ deren Flammen den gantzen Ofen beſtreichen/ und von dar ſich wiederum zu-ruͤck auff die Frittam biegen oder neigen; der ſchwartze Rauch aber/ wel-cher uͤber der Ofen-Flaͤche ſchwebet/ gehet zu dem Ofen-Loch hinaus.
Es beruͤhret der Glasmacher die Frittam oder das rohe Glasme-tall nicht eher/ als biß aller Rauch zum Ofen hinaus iſt; Die Kohlen lie-gen in dieſem/ gleich wie in allen andern Oefen/ auff einen eyſeren Roſt/damit die Aſchen von dar in den Aſchen-Heerd/ welcher darunter gema-chet iſt/ fallen.
Der Glaßmacher/ den man in den Glas-Huͤtten insgemein den Gieſſer nennet/ iſt derjenige/ welcher dem Saltz/ Aſchen und Sand/ das gebuͤhrliche Gewicht giebet oder zueignet/ auch zugleich machet/ vermit- tels eines ſehr hefftigen Feuers/ daß ſolches in eine Maſſam zuſammen gehe/ und eine weiſſe Farb erlange.
Wann dieſes Glasmetall gar zu hart und alſo zerbrechlicher wird/weder der gemeine Halt erfordert/ ſo wird noch mehr Saltz der Aſchen; hingegen wann es gar zu lind und duͤnne werden wolte/ noch etwas des Sandes hinzu gethan/ und ſo lang herumb geruͤhret/ biß alle dieſe Stuͤck
ein Temperament oder Gleichheit erlanget haben/ welches man nicht anders/ als im verarbeiten erkennen kan: Die Frittam, wann ſie alſo iſt bereitet worden/ nimmt er aus dem Calcinir-Ofen/ und hebet ſolche/nachdem ſie erkaltet/ zum Gebrauch auff.
Dieſe Fritta wird bey uns/ nicht wie unſer Autor will/ mit Waſſer oder Laugen begoſſen/ ſondern es machet ſich/ nach Verflieſſung etlicher Tage/ der Arbeiter daruͤber/ und bereitet aus der Fritta das Glasme-tall/ wann nemlich die Fritta geſchmoltzen/ ſo ruͤhret er ſolche mit einen Kruckeyſen: dieſes wann es erhitzet/ wird in einen Eymer voll Waſſers getauchet/ damit ſich das Glas nicht daran haͤnge.
Das Sal Alkali nimmt er mit einem groſſen Loͤffel heraus/ oder fchittet das Metall aus dieſem in einen andern Topff/ und ſcheumet das Glaß mit dem Schaum-Loͤffel (Porteglo) wohl ab; endlich nimmt er mit einen ſpitzigen Eyſen-Hacken etwas von dem Glas-Metall heraus/und beſiehet/ ob die Farbe recht/ nnd zum verarbeiten tuͤchtig iſt: Etliche andere laſſen auch die Toͤpffe in dieſem Ofen warm werden/ als Agrico-la thut.
Der andere/ oder Werckofen iſt derjenige/ in welchen die Toͤpffe geſetzet werden; er hat auch einen Feuer- und Aſchen-Heerd; dieſer O- fen iſt rund/ im Durchſchnit 3. Eln hoch/ und 2. Eln tief/ auch iſt er in der Hoͤhe gewoͤlbt/ in wendig auff einer Seiten werden 8. oder mehr Toͤpffe geſtellet/ jedoch ſo/ daß noch zwiſchen iedem allzeit noch einer ſtehen kan.
Die Anzahl der Toͤpffe iſt je nach der Zahl der gemachten Ofen-loͤcher/ allezeit gedoppelt/ damit nehmlich ein jeder Arbeiter habe einen Topff voll des gereinigten Metalls/ welches ſchon zur Arbeit tauget/ den andern Topff aber zum Metall-reinigen/ indem er in der Arbeit iſt.
Dieſer Ofen iſt in zwey Theil abgetheilet/ deren unterer Theil ſon-dert die Toͤpffe vom Heerd ab/ und hat in mitten des Herdes ein rundes Loch/ welches mit eyſern Staͤben beleget/ die 14. oder mehr Zoll dicke ſind/ und durch welche die Flamme gehet/ welche ſich von dem obern Zie-gel-Gewoͤlb/ zuruͤck auff die Toͤpffe reflectiret.
Der andere und obere Theil des Ofens theilet ſolchen von der Lee-ra, (iſt ein Engliſches Wort/ und ſoll vielleicht den Kuͤhl-Ofen oder das dritte Gewoͤlb des Werckofens bedeuten) ab. Die Loͤcher dieſes Ofens ſind dieſe/ als erſtlich das Hauptofenloch/ durch welches man das Metall aus dem Ofen nimmt/ und auch die Toͤpffe dardurch hinein he-bet: dieſes Ofenloch iſt mit einem Deckel vermacht/ beſtehend aus Leimen und Ziegelſteinen/ welchen man auch/ ſo es von noͤthen iſt/ wegnehmen kan; es dienet auch dieſer Deckel darzu/ daß die Augen der Arbeiter/ vor der Hitz des Feuer-Heerds verwahret werden; in mitten dieſes Deckels iſt ein Loch/ etwas groͤſſer als einer Spann weit/ bey welchen man den Werckzeug/ ſo es von noͤthen/ erwaͤrmen kan; zu dieſen Ofenloch gehoͤ- ren auch die Haacken/ ſo an die Seiten-Waͤnde des Ofens eingemau-ret/ ſo da dienen/ daß man den Werckzeug/ wann er erhitzet/ darauff le-get und ruhen laͤſſet.
Zum andern folgen die kleinern Ofen-Loͤcher/ gegen einander uͤ-ber/ zu beyden Seiten des groſſen Ofen-Loches/ eines/ durch welche die Arbeiter das tingirte oder mehr gereinigte Metall/ aus den Toͤpffen heraus nehmen: nach dieſem kommen zum dritten/ zwey Ofen-oder Mundloͤcher nechſt bey der Leera, dieſe ſtehen mit dem Haupt-Ofenloch in gleicher Ebene/ und dienen zum Calciniren des Weinſteins/Eyſens und dergleichen; hierher gehoͤret auch derjenige Heerd/ welcher zwey Ofenloͤcher/ zu beyden Seiten des Ofens hat/ durch welche die Jungen die Kohlen/ bey Tag und Nacht hinein werffen/ damit dieſes Feuer ſte-tigs erhalten werde: Dieſe Ofenloͤcher aber werden von Ziegelſteinen bereitet.
Dieſe Oefen ſind je an einem Ort anders als an dem andern/ und haben/ damit ſie deſto ſtaͤrcker halten/ ſuͤnff oder je zu Zeiten mehr eyſer-ne Bogen-Stangen; ins gemein aber werden zu einem Cryſtallofen/drey ſolche Bogen-Stangen nothwendig erfordert: die mancherley Geſtalten von ſolchen Oefen/ beſiehe beym Agricola im 12. Buch/ Liba-vio im 20. Capitel des erſten Theils ſeiner Alchymiſchen Commentari-en/ Ferranto Imperato, im 14. und 15. Capitel des 12. Buchs/ und Joh.
B. Porta im 3. Capitel des 6. Buchs/ ſeiner natuͤrlichen Kunſt-Weis-heit.
Dieſe Oefen/ davon wir ietzt gehandelt/ ſind rund/ die andern Oe-fen aber zu dem gruͤnen Glas/ ſind viereckicht/ und haben in jedem Ecke ein Gewoͤlb/ darinnen die Gefaͤſſe erwaͤrmet werden.
Die Leera (welches bey dem Agricola der dritte Ofen-Abſatz oder Theil iſt/ hat mit dem andern Ofen/ darinnen das Glasmetall geſchmel- tzet und im Fluß erhalten wird/ gleiche Form; dienend/ daß man die Ge-faͤß darinnen erwaͤrmen oder abkuͤhlen laͤſſet) und begreiffet zwey Theil in ſich/ dereu einen die Engellaͤnder den Thurn/ den andern aber die Leer nennen.
Der Thurn iſt derjenige Ofen-Theil/ welcher gleich uͤber den Schmeltz-Ofen ſtehet/ und werden von einander mit einer Wand/ ſo eines Schuh dick/ unterſchieden: in mitten dieſer Qvaͤr-oder Scheid- wand iſt ein rundes Loch/ mit dem untern Heerdloch in einer Perpen- dicular-Linie (Agricola und Imperatus wollen/ daß dieſes Loch viere-ckicht/ und eng ſeyn ſoll) durch welches die Flamme und Waͤrme des O- fens gehen kan; dieſes Loch wird das Ofen-oder-Licht-Auge geheiſſen/ iſt mit einem eyſern Ring eingefaſſet/ den man ins gemein den Krantz zu nennen pfleget: Und alſo werden auff den Boden oder Heerd dieſes Ofenthurns/ die verfertigte Geſchirr/ von dem Glasmacher/ damit ſie erwaͤrmen/ geleget; an den Seiten ſind zwey Mundloͤcher/ durch welche die nunmehr verfertigte Glaͤſer von den Arbeitern mit einer Gabel auff gedachten Heerd geſtellet/ und bald hernach in die Schiſſeln (beym Agri-cola ſind ſolche von Thon oder Leimen/ bey uns aber in Engelland ſind ſie von Eyſen) von ſolchen Leuten/ die darzu beſtellet/ und auff Engliſch Saroleman heiſſen/ nach und nach gethan/ und in die Leeram, welche 5. biß 6. Eln lang iſt/ gebracht; und ſolches/ damit ſie abkuͤhlen/ welches letzlich zu Ende der gedachten Leeræ geſchiehet/ deſſen Mundloch endi-get ſich an einem Ort/ dahin die abgekuͤhlten Glaͤſer geſetzet werden;Dieſer Ort aber wird Saroſel (ein Engl. Wort) und von dieſem derje- nige Saroleman genannt/ welcher die eyſerne Schieſſel in den Kuͤhlofen oder Leeram bringet.
Jn den gemeinen Glasoͤfen dienen die zwey gegen einander uͤber-ſtehende Seiten/ zum Ausarbeiten der Glasmetallen/ denen zwey an-dern aber ſind die Calcinir-Oefen beygefuͤget/ in welche man das Feuer/ſo von den Oefen herauff ſteiget/ durch Loͤcher einlaſſen kan; ſie dienen zu der Frittæ Præparirung/ und den Rauch zu vermeiden.
Einige andere machen das Feuer zu Erwaͤrmung der Geſchirr/innerhalb des Gewoͤlbes/ und verrichten in dieſen eintzigen Ofen alle Arbeit des gantzen Werckes.
Die innere Flaͤche ſolcher Oefen beſtehet nicht von Ziegel (denn dieſe wuͤrden gleichwie alle andere Steine zu einem Glaſe werden) ſondern von einem haͤrtern Sandſtein/ welche Stein-Art von dem Imperato Pyromachium genennet wird/ ſie werden zu uns von Novo Caſtello ge-bracht/ ſind weißlich/ und geben/ ſo ſie an einander geſchlagen werden/Feuer von ſich: Jedoch wird dieſer/ wiewohl ſehr harte Stein/ inner-halb 3. Monat-Friſt/ in dem Ofen verzehret/ oder bekommet zum wenig-ſten Klumpßen: die euſere Ofen-Flaͤche aber beſtehet nur aus Ziegel-ſteinen: die Hitze in ſolchen Oefen iſt unter allen die ſtaͤrckeſte; denn ich habe beobachtet/ daß die Stroh-Halmen/ ſo den dritten Tag/ nach Aus-loͤſchung des Feuers in den Ofen geworffen/ ſich alſobalden angezuͤndet haben; es berichtete mich auch ein Arbeiter/ daß das Feuer in gedachten Ofen noch einmahl ſo ſtarck und heiß iſt/ als in den uͤbrigen Oefen.
Nun iſt auch von noͤthen/ daß wir von denen Gieß- oder Schmeltz-Toͤpffen etwas handlen. Dieſe beſtehen aus guten Leimen/ welcher von Purbecko (ein gewiſſer Ort in Engelland) auff Waͤgen anhero na-cher Londen gebracht wird/ aus dieſem werden die Roͤhren bereitet.
Dieſer Leimen oder Thon/ nachdeme er ſauber gewaſchen wor-den/ wird in denen hierzu behoͤrigen Oefen calciniret/ und mit einer Muͤhl zu einem ſubtilen Pulver gemachet/ weches Pulver alsdann mit Waſſer vermiſchet/ und mit bloſſen Fuͤſſen betreten/ zu einer gebuͤr-lichen Conſiſtentz gebracht wird; nach dieſem giebet man ihm mit denen Haͤnden eine gewiſſe Form/ und laͤſſet das geformirte an einen beqve-men Ort trocknen/ auch auff oder in den Ofen warm werden: die jeni-gen Toͤpffe aber/ welche zu dem gemeinen Glas dienen/ die werden aus dem Thon/ ſo von Nanſucho gebracht wird/ bereitet: zu dieſem aber wird annoch beygemiſchet der Thon/ ſo aus der Grafſchafft Worceſter koͤm-met/ als welcher das Feuer beſſer/ als der andere erleidet; dieſe Toͤpffe werden mit dem rohen Glas oder Metall angefuͤllet/ und auff den Heerd/der mit dem Mundloch in gleicher Ebne iſt/ geſtellet.
Bey den Cryſtall-Oefen ſind zweyerley Art der Toͤpffe im Ge-brauch; Von der groͤſſern Art haͤlt einer 30. biß 40. Pfund des Glas-metalls/ ſie ſind eines Daumens dick/ auff den Boden 2. Schuhe breit/und ſo viel tief/ oben her aber haben ſie in der weiten 20. Zoll: Die an-dere Art der Toͤpffe iſt etwas kleiner/ und werden ins gemein Pilling-pots, in Engl. Sprach geheiſſen; dieweil dieſe auff die groͤſſern Toͤpffe ge-ſetzet werden/ als in welchen ſich das getingirte und ausgekochte Glas-metall befindet.
Letzlich wird von noͤthen ſeyn zu beſehen die Art und Weiß/ wie das Glas verarbeitet werde/ welches wir/ mit einigen Zuſatz aus dem 12. Buch des Agricolæ vom Bergwercken/ entlehnet/ fuͤrſtellen wollen.
Nachdeme nun das Glasmetall genugſam ausgekochet/ ſo ſtecket der Arbeiter ein hohles Eyſen oder Rohr in ſolchen Topff/ drehet ſolches etwas herumb/ und nimmt des Glaſes ſo viel/ als er zum Geſchirr/ wel- ches er verfertigen will/ benoͤthiget iſt/ heraus: denn das geſchmoltzene rohe Glaß oder Metall haͤnget ſich an das Eyſen/ gleich einem zaͤhen oder kleberichten Safft/ auch nicht anders/ wiewohl etwas feſter als das Terebenthin oder Theriac/ wann es von dem Verkauffer aus dem Topff genommen wird.
Die Form des Glaſes/indem es an eyſeren Rohr hanget/ iſt rund/ſolches walgert der Arbeiter/ indem ers haͤlt/ auff einen Marmor hin und her/ damit es ſich deſto dichter mit einander vereiniget: nach dieſem blaͤſet der Arbeiter gemach in das eyſerne Rohr/ ſo blehet ſich das Glas/von dem Athem/ nicht anders als eine Blaſe auff.
Der Arbeiter/ ſo offt man in das Eyſen blaͤſet/ welches ſehr offt/nothwendig geſchehen muß/ ſo offt ſetzet er das Blasrohr behend vom Mund genommen/ an die Wangen oder Kuͤhnbacken/ damit er mit den zuruͤck gezogenen Athem/ keine Flamme an ſich ziehet: alsdann thut er das Blasrohr hinweg/ drehets rings umb den Kopff herumb/ erlaͤngert und erkaͤltet das Glas/ auch druckt ers/ ſo es von noͤthen/ in Modellen/ oder den Boden des Glaſes auff einen Marmor.
Nach dieſem uͤbergiebet er ſolches dem Glasmacher/ welcher den Hals des Glaſes/ oder denjenigen Theil/ damit es an dem Eyſen haͤnget/ gelinde herab bricht/ und wirfft dieſes abgebrochene Stuͤck zu dem ge- meinen Glas/das uͤbrige aber machet er mit denen darzu behoͤrigen Jn-ſtrumenten glatt/ hohl und weit/ und was zu viel/ ſchneidet er mit der Scheer herab/ alſo und auff ſolche Weiß/ indem er/ wie gedacht/ die Glas-Kugel auffblaͤſet/ drucket/ erweitert und abſchneidet/ formieret er die Figur/ welche er im Sinn gefaſſet hatte; auch ſo es von noͤthen/ ma- chet er Fuͤß daran/ und ſtellet es gemarmelt oder ſtroͤmicht fuͤr.
Nachdeme dieſes geſchehen/ ſo nimmt der Arbeiter das verfertigte Werck mit einer eyſeren Gabel/ und bringet ſolches geſchwind/ damit es erwaͤrme/ in den Thurn des Ofens/ ſtellet es auch/ die Treppen hin-auffſteigend/ an einen beqvemen Ort/ und nimmt ſich in acht/ daß er aus Unvorſichtigkeit nicht anſtoſſe/ denn es iſt dergleichen Waar ſehr ſubtil und zerbrechlich.
Ferner iſt von noͤthen/ daß die Anzahl der Toͤpffe und Ofenloͤcher ſo viel/ als der Arbeiter ſind; denn es hat unter dieſen ein jeder ſeinen ei-genen Stand/ in welchen er groſſe Hitz erleidet/ indeme ſolche ihm ſchnurſtracks in das Angeſicht/ und durch den Mund auff die Lunge faͤl-let: ſolches verurſachet/ daß ſie ihre Arbeit nackend/ gleich als die Cyclo-pes oder Vulcanus-Knechte/ mit einem Fuͤrtuch angethan/ verrichten muͤſſen: das Haupt aber fuͤr der groſſen Hitz und Schein zu verwahren/ bedecken ſie mit einen ſtroͤhern und breiten Hut: Jngleichen pflegen ſie ſich auff weite und breite hoͤltzerne Seſſel zu ſetzen/ die lange Gelaͤnder haben/ umb die Werck-Inſtrumenta darauff zu laͤhnen/ und ſo zu befeſti-gen/ daß ſie nicht leichtlich beweget werdẽ koͤnnen. Wann ſie 6. Stunde gearbeitet haben/ (als welche Zeit zu einerley Glas genommen wird) ſo werden nach Verfliſſung ſolcher Zeit die Arbeiter abgeloͤſet; dieſe/ wann
ſie ihren Theil auch gearbeitet haben/ ſo werden ſie von den erſten wie-derumb abgeloͤſet; Alſo und auff ſolche Weiß geſchiehet es/ daß der O-ſen/ wann er eingerichtet/ und im Werck ſtehet/ niemahls leer oder muͤßig bleibet; es ſey dann/ daß die Toͤpffe einen Schaden bekommen/oder das Metall zu flieſſen auffhoͤre.
Es beobachtet Libavius von dergleichen Glasarbeitern/ daß die meiſten unter ihnen bleich im Angeſicht/ und ſtets duͤrſtig ſind/ auch nicht alt werden/ dieweil ihre Wurtzel-Feuchtigkeit verzehret wird; und muß das Haupt und Bruſt viel Gebrechen erleiden: und dieweil ſie ſchwaches Leibes ſind/ ſo werden ſie von Wein oder Vier leichtlich truncken/ welches ihr eigenthuͤmliches Kennzeichen iſt.
Die Abriſſe aller ietzt beſchriebenen Oefen/ Jnſtrumenten und Handthierungen wird der geneigte Liebhaber zu Ende meiner Anmer-ckungen/ mit noch einem ſonderlichen kurtzgefaſten Bericht auffs eigendlichſte in Kupffer-Figuren vorgeſtellet/finden und zu ſehen haben.